Unglaubliche 53 Milliarden Dollar umfaßt ihr Stiftungsvermögen, das ist mehr als die Marktkapitalisierung von Mercedes-Benz – und trotzdem hat die Harvard-Universität zu wenig Geld. Die Finanznot der wohlhabendsten Hochschule nutzt Donald Trump im Kulturkampf mit den woken Betonköpfen im Lehrkörper. Die 1636 gegründete US-Privatuniversität in Cambridge im Großraum Boston hat sich selbst ins finanzielle Schachmatt manövriert.
Die jährlichen Ausgaben belaufen sich auf 6,4 Milliarden, wovon mit 37 Prozent der größte Teil aus dem Stiftungsvermögen gedeckt wird. 21 Prozent finanzieren Studiengebühren, 23 diverse Einnahmen wie Drittmittel, elf Prozent staatliche Förderung und acht Prozent Spenden. Doch das Stiftungsvermögen ist derzeit nicht in der Lage, die Zahlungen aufrechtzuhalten. Auch die Spenden sind ausgetrocknet. Und so ist es ein leichtes für die US-Regierung, durch Kürzung der eigentlich nicht bedeutsamen staatlichen Förderung und Gefährdung der Studiengebühren durch Visa-Erschwernisse für ausländische Studenten, meist Vollzahler, eine finanzielle Notlage zu schaffen.
Studiengebühren betragen offiziell 59.320 Dollar pro Jahr, doch US-Studenten erhalten Ermäßigungen je nach Einkommen der Eltern und besonderer Begabung. Ein Viertel zahlt deshalb gar nichts, der Durchschnitt soll bei 13.000 Dollar liegen. Anders bei ausländischen Studenten, die ein Drittel der Studenten darstellen. Nur in Ausnahmefällen bekommen sie Begabtenstipendien. Sollte Harvard keine Ausländer mehr einschreiben dürfen, wie von Trump angedroht, würden drei Viertel der Einnahmen aus Studiengebühren wegfallen, oder 15 Prozent des gesamten Budgets.
Harvard bleibt wenig Freiraum übrig
Doch anstatt diese Löcher aus dem umfangreichen Stiftungsvermögen zu füllen, ist auch das klamm. Harvard investiert nach den Prinzipien des Stiftungsmodells, das vom ehemaligen Anlagechef der Universität Yale, David Swensen, Ende der 1980er Jahre entwickelt wurde und inzwischen im ganzen Stiftungssektor auch außerhalb der Universitäten verbreitet ist. Swensen erkannte, daß man bessere Renditen bei nicht-börsennotierten, ineffizienten Anlageklassen wie Immobilien, Direktbeteiligungen (Private Equity), Risikokapital oder in internationalen Märkten erwirtschaften kann, weil US-Börsen zu effizient sind.
Stiftungen haben einen langen Anlagehorizont, weshalb sie die sofortige Liquidität nicht brauchen, die börsennotierte Werte bieten. Die Strategie ging auf: zwischen 1985 und 2005 stieg das Stiftungsvermögen von Yale um den Faktor 8, was einer Rendite von 16 Prozent entspricht. Langfristig ist das lukrativ, nur kurzfristig kann die mangelnde Liquidität zum Nadelöhr werden, wenn man, wie aktuell, schnell Geld braucht.
Natürlich kann man selbst Anteile an illiquiden Fonds versilbern. In Boomzeiten zahlen Käufer sogar Aufschläge, um an besonders beliebte Fonds zu kommen. Nur herrscht derzeit eher Zurückhaltung, gerade bei Beteiligungen an Private Equity. Abschläge sind heute die Norm. Die Universität Yale versucht, ein Paket von Beteiligungen in Höhe von sechs Milliarden Dollar zu verkaufen, Harvard bietet ein Paket von einer Milliarde an. In dem Nischenmarkt sind sieben Milliarden viel Angebot, für das sich eine Nachfrage nur bei Abschlägen von 30 bis 50 Prozent finden wird. Doch beim Verkauf zu dem Niveau würden Wirtschaftsprüfer auf Wertberichtigung der restlichen Beteiligungen bestehen. Deshalb werden die Anteile nicht verkauft werden.
Wokeness und Gaza-Proteste schaden dem Ansehen der Uni
Auch auf die Spender ist derzeit kein Verlaß. Sie sind verschreckt vom Auftritt der Präsidentinnen von Harvard, Yale und Princeton im August 2024 im Kongreß, wo sie ernsthaft behaupteten, nicht jeder Genozid müsse verurteilt werden. Amerika war entsetzt und alle drei mußten zurücktreten. Eine Unterstützungserklärung von 100 Lehrstuhlinhabern für Harvard-Präsidentin Claudine Gay zeigte, wie verwurzelt menschenverachtender Wokeismus dort ist. Als dann auch noch Plagiatsvorwürfe gegen Gay aufkamen, verbarrikadierte sich der Lehrkörper erneut im Elfenbeinturm: nicht gekennzeichnete Zitate seien kein Plagiat. Gay lehrt weiterhin Afroamerikanische Studien, als sei nichts gewesen.
Die woke Blase an Harvard war sichtbar, die großzügigen Spender schockiert. Den Rest gaben ihnen die Ausfälle bei den sogenannten Gaza-Protesten. Erschwerend kommt hinzu, daß Harvard jahrelang unter dem Deckmantel der Diversität Gerichtsurteile ignorierte. Beispielsweise umging Harvard das Verbot ethnischer Quoten mit der Behauptung, die Diversität der Gesellschaft abbilden zu wollen. Seit der Oberste Gerichtshof die Praxis 2023 verbot, stieg der Anteil asiatischer Studenten sprunghaft, die vorher auch mit Bestnoten nur geringe Zulassungschancen hatten.
Harvard investiert mehr in Forscher als deutsche Unis
Vorläufig kann die Universität eine Liquiditätsreserve von zwei Milliarden nutzen, doch deren Reichweite ist begrenzt. Schuldenaufnahme soll die Lücke füllen. Schon seit Jahren leiht Harvard Geld in den Anleihemärkten. Sieben Milliarden standen Mitte 2024 aus, mit einer aktuell angebotenen Anleihe werden es 8,5 Milliarden Dollar. Das bedeutet aber auch, daß Harvard künftig noch mehr als früher auf Kredit spekuliert. Solange das Stiftungsvermögen mehr Rendite abwirft als die Zinskosten, geht die Spekulation auf. Immerhin bleibt Harvards Bonität mit AAA eine Stufe über der von US-Staatsanleihen.
Kann Deutschland vom Exodus amerikanischer Spitzenforscher profitieren? Betroffen vom Rückschlag gegen woken Extremismus sind in erster Linie Modefächer wie Dekolonialisierung, Afro-amerikanische Studien oder intersektionaler Feminismus, die des starken US-Bezugs wegen hier kaum vertreten sind. Dazu kommt, was der Chef der französischen Forschungsgesellschaft CNRS, Antoine Petit, der Nachrichtenagentur Bloomberg sagte: Die Unterschiede bei Gehalt und Forschungsbudgets seien zu hoch. „Wir reden von einer handvoll Personen, vielleicht ein paar Dutzend.“ Auch Woke achten eben aufs Portemonnaie.