Nicht erst die jüngste Bundestagsdebatte zur Aufrechterhaltung der Brandmauer ist beredte Bestätigung für die Metamorphose Deutschlands von der Blütezeit der parlamentarischen Demokratie nach 1945 hin zu einer neuen Parteien- oder vielmehr Altparteiendiktatur. Die noch von der Ampelregierung verfügte Wahlrechtsänderung des Bundestages wie die propagierten Bürgerräte sind weitere Beispiele für das Mantra der „Transformation“.
Als wäre es eine Losung für die ganze Welt: „Germanys perfection / Transformers in action!“ Dabei ist dies nur eine Facette des neuen, allmählich totalitär anmutenden Disziplinierungs-, Normierungs- und Überwachungsstaates, auf den wir zumarschieren, „nicht mal achtzig Jahre nach dem Ende des Nationalsozialismus und fünfunddreißig Jahre nach dem Ende der DDR“.
Vielleicht ist es hier eine Voraussetzung zur Diagnose dieses politischen Schauspiels, selbst mit dem dramatischen Fach vertraut zu sein wie der vielseitige Autor Gunnar Kunz, der lange Zeit als Regieassistent tätig war, bevor er – unter anderem mit Kriminalromanen aus der Weimarer Republik – reüssierte. Sein Titel „Achtung, Sie verlassen den demokratischen Sektor“ besticht bereits durch das Buchcover, das figurativ sowie durch Farbwahl zwischen wilhelminischer Kaiserzeit und Bonner Republik oszilliert und so bereits assoziativ den gesellschaftlichen und politischen Umbruch andeutet.
Frauen sind eher bereit, Zensurmaßnahmen zu unterstützen
Dabei beleuchtet Kunz minutiös, belegt durch zahlreiche Quellen, erschreckend viele Phänomene des aktuellen Geschehens, nicht zuletzt des Zensurkomplexes. So sind Frauen deutlich leichter bereit, Zensurmaßnahmen zu unterstützen und bewerten die freie Meinungsäußerung weniger wichtig (so eine Studie von 2019: 59 Prozent Frauen im Vergleich zu 29 Prozent Männer). Doch gleichen sich junge Menschen beider Geschlechter dem Prozentsatz der Frauen an (2021).
Generell gliedert Kunz seine Ausführungen in vier Abschnitte: „Die Aushöhlung der Demokratie“, „Die Komplizenschaft der Medien“, „Vom Zeitgeist“ und „Historische Parallelen“, wobei zwei Unterkapiteln hieraus gesonderte Aufmerksamkeit gebührt, die im Journalistik- oder im Studium Neuer Geschichte im Sinne der Sensibilisierung verpflichtend werden sollten: einmal die „Handreichung zur Medienkompetenz“, zum anderen die Reflexion „Civis Academici“ über die totalitäre Intoleranz und physische Gewalt des studentischen Milieus, das nicht konservativ sei, sondern sich revolutionär gebärde.
Beispielhaft sind in diesem Kontext die Schlußfolgerungen des Autors, etwa: „Eine Demokratie scheitert nicht an einer Handvoll Extremisten. Eine Demokratie scheitert daran, daß niemand ihre Prinzipien verteidigt.“

Feinde der Demokratie erkennt man an den Methoden
Oder im kursiv gesetzten Merksatz, der sämtliche Kapitel des aufklärerischen Titels leitmotivisch durchzieht: „Es sind nicht die Vertreter totalitärer Ideen, die mich am Hier und Jetzt verzweifeln lassen, sondern diejenigen, die sie unterstützen und glorifizieren.“ Oder wie es an anderer Stelle heißt: „Die Feinde der Demokratie erkennt man nicht zwangsläufig an ihren Zielen. Aber immer an ihren Methoden.“
Der totalitäre Anspruch des linken Juste milieus ist hier – jeweils belegt durch Zitate – besonders erschreckend respektive ehrlich: Das betrifft nicht nur zahlreiche Exponenten der Klimakirche, deren Sendungsauftrag fordert, die Demokratie abzuschaffen, sondern auch andere, die eigentlich Fälle für den Verfassungsschutz wären, wie die einstige DDR-Geschichtslehrerin Angelika Krüger-Leißner, die als Bundestagsabgeordnete schon 2009 äußerte: „Wir haben starke Grundrechte in unserem Grundgesetz verankert, aber sie hindern uns manchmal, einfache, klare Lösungen zu finden.“
Unverblümter sind da nur die einst auf Ticket der Linken gewählten Politikerinnen wie Christel Wegner oder Ulla Jelpke, die der Stasi nachtrauern, etwa um sich auch heute gegen Andersdenkende zu wehren – offenbar haben hier Nancy Faeser und Thomas Haldenwang Unterricht genommen. Oder taz-Ressortleiterin Johanna Roth, die 2019 forderte, alten Menschen den Führerschein abzunehmen und das Wahlrecht abzuerkennen.
Das Fragezeichen kann weg
Nicht zu vergessen das Beispiel Österreich, wo es eben nicht Herbert Kickl ist, dessen Aussagen zum Fürchten sind, sondern die tonangebende Schriftstellerin Eva Menasse, die meint, man müsse „das Konzept der Meinungsfreiheit überdenken“. Sehr bezeichnend ist auch das Fazit der grünennahen Heinrich-Böll-Stiftung: „Daher können wir nicht an einem rein formalen, neutralen oder objektiven Verständnis von wissenschaftlicher Forschung festhalten“ aus dem Artikel „Vier Gründe, warum wir Wissenschaftsfreiheit in Europa überdenken müssen“.
Dabei sind diese Beispiele nur ein Bruchteil der verschiedensten Blickwinkel, mit denen Kunz die unheilvollen Entwicklungen durchleuchtet, die – gerade im digitalen Bereich, und das schon seit Jahren! – subkutan die Wirklichkeit neu konstruieren. Bei einer wünschenswerten Neuauflage des Titels sollte dann auch das Fragezeichen am Ende des Untertitels verschwinden, denn wir erleben es gerade wirklich: „Das Ende der Freiheit in Deutschland.“