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Zweiter Weltkrieg: Alliierte Feuerstürme entfachten den Widerstand

Zweiter Weltkrieg: Alliierte Feuerstürme entfachten den Widerstand

Zweiter Weltkrieg: Alliierte Feuerstürme entfachten den Widerstand

Auf dem Bild sie Gräber des Ehrenfriedhofs von Vahrendorf zu sehen. Dort ruhen die Gebeine junger Soldaten, die in den letzten Kriegstagen des Jahres 1945 fielen. Die alliierten Feuerstürme befeuerten den Widerstand
Auf dem Bild sie Gräber des Ehrenfriedhofs von Vahrendorf zu sehen. Dort ruhen die Gebeine junger Soldaten, die in den letzten Kriegstagen des Jahres 1945 fielen. Die alliierten Feuerstürme befeuerten den Widerstand
Gräber des Ehrenfriedhofes Vahrendorf südlich von Hamburg / Foto: Scheil
Zweiter Weltkrieg
 

Alliierte Feuerstürme entfachten den Widerstand

Ein Hamburger Soldatenfriedhof enthält die Gebeine junger deutscher Gefallener aus den letzten Kriegstagen 1945. Sie werfen die Frage auf, wie der letzte Widerstand im Angesicht der alliierten Übermacht verstanden werden soll. Befeuerten ihn die Alliierten am Ende selbst?
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Vergangenen Sommer verschlug es den Autor der folgenden Zeilen eher zufällig ins norddeutsche Vahrendorf, gelegen nicht weit südlich von Hamburg. Dort traf er während eines Spaziergangs auch auf ein Hinweisschild auf einen Ehrenfriedhof.

Er ging der Frage nach, wer denn dort geehrt würde und stieß nach einigen hundert Metern auf ein kleines, umzäuntes Areal. Dieses hat seine heutige Gestaltung in den 1990er Jahren erhalten. Begraben und geehrt liegen dort jedoch die sterblichen Überreste von mehr als vierzig jung gefallenen deutschen Soldaten aus den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs.

Nicht alle sind identifiziert. Die ältesten Identifizierten sind damals bei ihrem Tod knapp über zwanzig Jahre alt gewesen, die meisten unter zwanzig, der jüngste erst fünfzehn. Gefallen sind die meisten an einem einzigen Tag, dem 26. April 1945. Sie starben beim Versuch, Vahrendorf von den einrückenden britischen Truppen noch einmal zurückzuerobern.

Die Leichenteile wehten bis nach Lübeck

Die genauen Umstände dieser Kämpfe sind nicht sicher ermittelt worden. Ob es hier um jugendlichen Eifer oder schlecht geführten Kampfeinsatz ging, der diese Verluste verursacht hat, oder ob die Briten ihre Überlegenheit und Erfahrung vielleicht auch gezielt in eine Art Gemetzel umwandelten, man weiß es anscheinend nicht sicher. Gerüchte machten deshalb die Runde, etliche Deutsche seien per Genickschuß getötet worden.

Es ging in diesem Kampf um das Vorfeld von Hamburg, jener Stadt, in der die deutschen Kriegsgegner nicht einmal zwei Jahre vorher im Juli 1943 die Operation „Gomorrha“ durchgeführt hatten. Das war eine mit namentlich biblischem Gottesbezug durchgeführte Kombination von Bombenangriff und einem Feuersturm mit mehr als vierzigtausend ermordeten Zivilisten gewesen, dessen Thermodynamik die verbrannten Leichenteile Hamburger Bürger teilweise bis nach Lübeck trug.

Der später so bekannte deutsche Autor Walter Kempowski hat solche Leichenteile aus Hamburg als Jugendlicher selbst dort gefunden und es später bedauert, diese Ungeheuerlichkeiten nicht zeitnah oder wenigstens irgendwann zu Lebzeiten eigenhändig literarisch aufgearbeitet zu haben.

Die Frage nach alliierter Verantwortung wurde nicht gestellt

Niemand konnte angesichts dieser Vorgeschichte und den sich immer weiter steigernden alliierten Luftangriffen im April 1945 davon ausgehen, es sei mit den westlichen Truppen so etwas wie „Befreiung“ im Anmarsch. Spätestens seit dem Jahresanfang versteckten die Alliierten bei den Bombardierungen deutscher Städte wie Swinemünde, Pforzheim oder Dresden ihre Absicht zur Tötung einer maximalen Zahl deutscher Zivilisten kaum noch hinter militärischen Vorwänden. Sie kamen als Sieger, und wie viele der Besiegten das Kriegsende überleben würden, war noch keine ausgemachte Sache.

Das zeigten später anschaulich die nach dem Waffenstillstand die auch in westlichen Besatzungszonen ausgegebenen Hungerrationen von siebenhundert Kalorien pro Tag und die Zustände während der ethnischen Vernichtung Ostdeutschlands. Auch angesichts dieser Aussichten leisteten viele und gerade die damals jungen Deutschen in Uniform unverdrossen Widerstand gegen den Vormarsch des Feindes, nicht nur in Hamburg. Solche und ähnliche Szenen wie in Vahrendorf gab es damals an vielen Orten in Deutschland.

Die spätere Bundesrepublik versah diese Endkämpfe mit dem Etikett des „sinnlosen Widerstands“ und drehte „Antikriegsfilme“ wie „Die Brücke“ von Bernhard Wicki aus dem Jahre 1959, um diese Behauptung in der Bevölkerung zu untermauern. Die Frage nach einer alliierten Verantwortung für die entstandene Situation wurde zunehmend weniger gestellt.

Churchill wollte Land, Leben und Besitz

Achtzig Jahre später stellt sich die Frage nach dem Sinn oder Unsinn dieser Kämpfe natürlich weiterhin. Häufig wird auf den Umstand verwiesen, es seien in dem letzten Kriegsjahr zwischen Sommer 1944 und Mai 1945 mehr Zerstörungen erfolgt und es habe auf deutscher Seite mehr Tote gegeben als in den ganzen anderen Kriegsjahren zusammen.

Das ist sachlich zweifellos richtig. Nur bleibt dabei naturgemäß völlig ungeklärt, wie die alliierte Reaktion auf eine Annahme der geforderten „bedingungslosen Kapitulation“ im Sommer 1944 ausgefallen wäre. Und eine andere Kapitulationsform stand nicht zur Verfügung. Bedingungslos aufzugeben bedeutete für den Gegner aber die „freie Verfügung, über Land, Besitz und sogar Leben“, wie Winston Churchill sich ausdrückte. Welche Folgen es für das Seelenleben der deutschen Nation gehabt hätte, sich zum Zeitpunkt nicht direkt empfundener existentieller Not in diese Situation zu begeben, bleibt ebenfalls unergründet.

Den bewaffneten Widerstand aufzugeben, sich zu ergeben, dabei die kommende Besatzung, Aufteilung, Ausplünderung, Millionen Vergewaltigungen und den Völkermord in Teilen des Landes hinnehmen, ohne die letzten Verteidigungsmöglichkeiten auszuschöpfen und ohne daß der Gegner die deutschen Grenzen am Boden überschritten hatte, was hätte das bedeutet? Welche Diskussionen wären danach geführt worden? Hätte man der Sache nicht eher kritisch gegenübergestanden und hätte die Frage nach versäumten Alternativen gestellt?

„Die Garde stirbt, aber ergibt sich nicht“

Das bleibt wie gesagt Spekulation. Für die jungen Soldaten in Vahrendorf stand diese Option offenbar nicht zur Debatte, nicht allgemein und auch nicht vor Ort. Sie griffen an. Das dürfte auch aufgrund der durchgehend natonalsozialistischen Sozialisation geschehen sein, die sie praktisch ihr ganzes Leben erfahren hatten. „Die Garde stirbt, aber ergibt sich nicht“, lautete allerdings schon das Motto zu Napoleons Zeiten, und sehr wahrscheinlich spielten heroische Vorbilder aus der deutschen und europäischen Geschichte eine Rolle in jenen Tagen, als Heroismus noch als Auszeichnung und nicht als Vorwurf verstanden wurde.

Einige Tage später sprach der neue deutsche Staatschef Admiral Karl Dönitz dann davon, es sei nun „genug mit Heldenkampf“ und suchte nach Wegen, die politische von der militärischen Kapitulation zu trennen. Dies gelang auch, so daß der deutsche Staat am Ende nicht kapitulierte, sondern die Alliierten die Regierung Dönitz mit der Annahme einer von ihr angeordneten rein militärischen Kapitulation erst einmal politisch anerkannten.

Die jungen Soldaten von Vahrendorf hatten vorher so gehandelt, wie sie es für richtig befanden. Es sollten Wege gefunden und bewahrt werden, dies ehrend anzuerkennen.

Aus der JF-Ausgabe 47/24.

Gräber des Ehrenfriedhofes Vahrendorf südlich von Hamburg / Foto: Scheil
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