BERLIN. Der Bundesgeschäftsführer der Linken, Tobias Bank, hat sein Amt aufgegeben und schwere Vorwürfe gegen seine Partei erhoben. „Der aktuelle Kurs, fast alles auf Bewegungen außerhalb von Parlamenten sowie auf städtische Milieus zu konzentrieren und Wahlergebnisse scheinbar nicht mehr als Maßstab für politischen Erfolg zu sehen, ist nicht mein Verständnis von Politik“, teilte Bank der ARD zufolge am Mittwoch in einem internen Schreiben mit.
Unter diesen Bedingungen wolle er nicht mehr als Feigenblatt eines vermeintlichen innerparteilichen Meinungspluralismus dienen. „Daher kann ich auch nicht weiter Verantwortung für die bevorstehenden Herausforderungen für Die Linke übernehmen“, betonte der 38jährige aus Berlin. Er hoffe, daß Die Linke nicht verloren sei und der kommende Bundesparteitag eine Kurskorrektur vornehmen könne.
Parteispitze um Schirdewan und Wissler reagiert enttäuscht
Die Spitze der Linken um Martin Schidewan und Janine Wissler reagierte zunächst enttäuscht auf den Rückzug des Bundesgeschäftsführers. „Wir bedauern den Rücktritt von Tobias Bank. Wir nehmen die Entscheidung mit Respekt zur Kenntnis und danken ihm für das Engagement und die geleistete Arbeit“, äußerten die beiden kurz nach Bekanntwerden der Kündigung.
Die Herausforderungen in diesem Jahr seien groß, weshalb Die Linke nun einen schnellen und reibungslosen Übergang organisiere, um Kurs auf die Europawahl zu nehmen. „Gemeinsam werden wir alles daransetzen, daß 2024 für die Partei ein Erfolgsjahr wird.“ Kommissarisch sollten nun die ehemalige Landesvorsitzende der Berliner Linken, Katina Schubert, und der ehemalige Landessprecher der bayerischen Linken, Ates Gürpinar, die Geschäfte der Partei übernehmen.
Banks Rückzug stürzt Linkspartei noch tiefer in die Krise
Traditionell ist die Bundesgeschäftsstelle einer Partei auch für die Wahlkampfplanung verantwortlich. Mit Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt wird 2024 in drei Bundesländern gewählt, die als einstiges Stammland der Linken gelten. Tobias Bank war seit 2022 Bundesgeschäftsführer der Partei. Davor betätigte sich der Politologe in der brandenburgischen Kultur- und Kommunalpolitik.
Aus der Partei heraus kamen teils bedauernde Stimmen zu Banks Rückzug. Der Vorsitzende der Linken Bielefeld, Onur Ocak, bezeichnete den Schritt als eine „verständliche Entscheidung“. Ocak schrieb am Mittwoch auf X: „Er hat in einer schwierigen Lage das Amt des Geschäftsführers übernommen und den irren Kurs des Parteivorstands immer nach außen verteidigt.“ Dafür habe Bank auch in seinem Kreisverband „Prügel“ einstecken müssen. Daß man das auf Dauer nicht durchhalte, sei klar.
Verständliche Entscheidung von Tobias Bank. Er hat in einer schwierigen Lage das Amt des GF übernommen u. den irren Kurs des PV immer nach außen verteidigt.Als er bei uns zu Gast war,hat er dafür Prügel einstecken müssen.Das man das auf Dauer nicht durchhält ist klar.Danke Tobias
— Dr. Onur Ocak (@DrOnurOcak) January 10, 2024
Ex-Linke Butterwegge beklagt: „Genossen sind denunziert worden“
Zuletzt hatte sich auch die Kölner Sozialwissenschaftlerin Carolin Butterwegge über die verwahrloste Debattenkultur in der Linken beklagt. „Man arbeitet sich mit Verve am innerparteilichen Gegner ab statt an den gesellschaftlichen und politischen Kontrahenten. Da sind viele Genossen ausgegrenzt und sogar denunziert worden, die ich sehr schätze“, erläuterte Butterwegge unlängst dem nd gegenüber ihren Entschluß, nach über 15 Jahren aus der Linken auszutreten. Butterwegge ist mit dem Linken-nahen Armutsforscher Christoph Butterwegge liiert und war seit Beginn Mitglied der Linkspartei.
Es gebe immer weniger Solidarität in der Linken, monierte die Soziologin weiter. Außerdem würden die an sich richtigen Akzente im Parteiprogramm zunehmend „auf Kosten sozial benachteiligter Bevölkerungsteile“ umgesetzt. Immer mehr Menschen fragten sich, ob sie am Ende des Monats noch genug Geld haben, um den Kühlschrank zu füllen. Sie habe sich jahrelang dafür eingesetzt, daß es in der Linken in puncto Kinderarmut, Bildung und Soziales in eine richtige Richtung gehe. Das schlechte Parteiklima habe sie diesen Kampf aber aufgeben lassen. (fw)