BERLIN. Anläßlich der bevorstehenden Eröffnung des Humboldt-Forums in Berlin hat dessen Initiator Klaus-Dieter Lehmann auf die Verantwortung der Bundesrepublik hinsichtlich der deutschen Kolonialgeschichte gepocht. Die außereuropäische Sammlung, die künftig die Museumsinsel ergänzen soll, müsse eine „Plattform für kritische Debatten“ sein. „Dazu gehört durchaus die Diskussion um Kolonialismus und Dekolonisierung, und zwar nicht nur als historische, sondern auch als heutige Phänomene“, forderte Lehmann gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.
Das Humboldt-Forum dürfe aber kein reines Kolonialmuseum werden, sonst verspiele es die Möglichkeit, „eine aktive Rolle im gegenseitigen Verständnis zwischen den Herkunftsgesellschaften und uns“ einzunehmen. Er plädiere dafür, Menschen die aus Ländern stammten, die einst Kolonien waren, in die Museumsgremien zu holen. Er stimme der Aussage des Kunsthistorikers Peter-Klaus Schuster zu, die „Gesammelten“ müßten zu „Handelnden“ werden.
Rückgabe von Exponaten könne zu „kultureller Einflußnahme“ führen
Hinsichtlich der Rückgaben von Ausstellungsstücken an bestimmte ethnische Gruppen sei er aber skeptisch, weil ein solcher Schritt eine Bevorzugung mit sich bringe. Das könne wiederum zu Spannungen zwischen afrikanischen Ländern führen. Im schlimmsten Fall praktiziere Deutschland damit „eine neue Art von kultureller Einflußnahme“, mahnte der ehemalige Präsident des Goethe-Instituts.
Deshalb müsse eine Lösung dafür gefunden werden, wie man Restitutionen so organisieren könne, daß sie den Herkunftsgesellschaften nützten und nicht schadeten. Das Auswärtige Amt habe in Zusammenarbeit mit der Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) und den Bundesländern jüngst eine internationale Museumsagentur gegründet, die sich solchen Fragen widme.
Museen sollen „soziale Orte“ werden
Museen müßten künftig „soziale Orte“ der aktiven Kulturvermittlung sein. Die Einrichtungen sollten sich seiner Ansicht nach auf die „gesellschaftliche Wirklichkeit“ einlassen und als Bindeglied zwischen Menschen wirken, die sonst „getrennte Erfahrungswelten“ hätten.
Das Humboldt-Forum im neuaufgebauten Schloß Berlin sollte zunächst am 17. Dezember phasenweise eröffnet werden. Aufgrund des Corona-Lockdowns geht es nun schon am 16. Dezember, dafür aber digital an den Start. (zit)