BERLIN. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat eine „aggressive Gesprächsverweigerung, Einschüchterung und Angriffe“ gegen politisch Andersdenkende kritisiert. Hintergrund sind die Aktionen linksextremer Störer gegen Vorlesungen des AfD-Gründers Bernd Lucke an der Hamburger Uni und den früheren Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) in Göttingen.
Niemand müsse schweigen, wenn ihm etwas nicht gefalle. „Aber andere zum Schweigen bringen zu wollen, nur weil sie das eigene Weltbild irritieren, ist nicht akzeptabel“, sagte Steinmeier laut Redemanuskript am Freitag in Berlin. „Der offene politische Streit im Respekt für den anderen ist etwas, was wir uns gegenseitig zumuten müssen. Er ist das Herzstück der Demokratie.“
Kubicki warnt vor Gesetzesbrüchen im „Kampf gegen Rechts“
Konkret nannte Steinmeier Angriffe auf Politiker und „umstrittene Professoren in Hörsälen“. Trotz eines privaten Sicherheitsdienstes war es am Mittwoch erneut rund 20 Personen gelungen, während einer Vorlesung Luckes an der Hamburger Uni in den Hörsaal einzudringen und durch massive Störung die Lehrveranstaltung zu beenden. Bereits in der vergangenen Woche verhinderten massive Störaktionen von Linksextremen, daß Lucke seine Vorlesung abhalten konnte. In Göttingen hatten Linksextreme am Montag eine Lesung de Maizières (CDU) verhindert. Dutzende Demonstranten hatten dabei die Zugänge zum Alten Rathaus blockiert, wo der Christdemokrat aus seinem Buch „Regieren“ vortragen sollte.
Auch Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) hat davor gewarnt, im „Kampf gegen Rechts“ Gesetzesbrüche zu dulden. „Viele politische Mitbewerber machen selbst vor Regelbrüchen nicht halt, wenn es gegen ‘Rechts‘ geht. Dann gelten offenbar andere Maßstäbe. Daß dies unserer freien und offenen Debattenkultur schadet, wird entweder nicht erkannt oder – schlimmer noch – billigend in Kauf genommen“, schrieb er in einem Beitrag für die Welt. (tb)