BERLIN. Die AfD hat die Vorwürfe ihres ausgetretenen Ex-Vorsitzenden Jörg Meuthen zurückgewiesen. Es gebe keinen Rechtsruck, sagte die Bundestagsabgeordnete Joana Cotar dem Deutschlandfunk. Der größte Teil der Partei sei freiheitlich-konservativ eingestellt. Cotar hatte sich im Sommer als Spitzenkandidatin für die AfD zur Bundestagswahl beworben, war aber gegen Alice Weidel und Tino Chrupalla unterlegen. Sie galt damals als Favoritin Meuthens.
Meuthen hatte am Freitag seinen Austritt aus der Partei erklärt und der AfD vorgeworfen, ihr Herz schlage mittlerweile sehr weit rechts. Teile der AfD stünden zudem „nicht auf dem Boden der freiheitlich demokratischen Grundordnung“. Er sehe da „ganz klar totalitäre Anklänge“.
Der AfD-Bundesvorstand nahm Meuthens Entscheidung offiziell „mit Bedauern“ zur Kenntnis. „Wir bedanken uns für die gute Zusammenarbeit in den vergangenen Jahren und den Einsatz von Jörg Meuthen für die Weiterentwicklung der AfD als einzige Oppositionspartei in Deutschland. Für seine weitere Zukunft wünschen wir ihm alles Gute“, hieß es in einer kurzen Mitteilung.
Steinbach tritt AfD bei
Die Vorsitzende der parteinahen Desiderius-Erasmus-Stiftung und frühere CDU-Bundestagsabgeordnete Erika Steinbach hingegen warf Meuthen einen „bewußt zerstörerischen Austritt“ vor. Dies sein ein Schlag ins Gesicht von vielen, die hinter ihm gestanden hätten, beklagte Steinbach auf Twitter. Als Reaktion darauf habe sie sich nun entschieden, in die AfD einzutreten, schrieb Steinbach. Eigentlich habe sie nach ihrem Austritt aus der CDU 2017 keiner Partei mehr beitreten wollen. Der „indiskutable Umgang von Politik und Medien mit der AfD“ sowie der „unfaire Austritt“ Meuthens habe sie nun aber zum Umdenken bewegt.
.@Junge_Freiheit .@BILD pic.twitter.com/oxGuEbag3B
— Erika Steinbach (@SteinbachErika) January 28, 2022
Der Parteinachwuchs forderte Meuthen auf, sein Mandat als EU-Abgeordneter niederzulegen. „Die AfD hat Prof. Dr. Jörg Meuthen viel zu verdanken. Gerade in seinen ersten vier Jahren als Parteivorsitzender hat er versucht, integrativ zu wirken und die unterschiedlichen Strömungen der Partei zu vereinen. Viele Erfolge unserer Partei sind mit seinem Namen verbunden“, sagte der Bundesvorsitzende der Jungen Alternative (JA), Carlo Clemens. „Wir wünschen Prof. Dr. Jörg Meuthen und seiner Familie für die Zukunft alles Gute. Gleichzeitig erwarten wir von ihm, daß er sein dank der AfD errungenes Mandat im EU-Parlament an die Partei zurückgibt.“
Deutliche Worte kamen von der Hamburger AfD. Deren stellvertretende Landesvorsitzende Krzysztof Walczak kritisierte: „Der Austritt Jörg Meuthens war schon länger abzusehen und ist der traurige Höhepunkt eines destruktiven Ego-Trips. Daß er sein Mandat behalten will, spricht leider auch Bände.“
„Politische Schwäche und mangelnde Integrationskraft“
Die AfD Sachsen teilte mit, Meuthens Abgang sei kein großer Verlust. Der frühere Vorsitzende habe sich zuletzt mit Alleingängen zunehmend isoliert. „Seine regelmäßige Kritik an Parteikollegen über die Medien war wenig konstruktiv und hat mehr und mehr Schaden angerichtet. Daß Meuthen nun der AfD einen zunehmenden Rechtskurs unterstellt, war erwartbar, ist aber lediglich Kalkül, um von der eigenen politischen Schwäche und mangelnden Integrationskraft abzulenken.“
Auch der Landesvorsitzende der AfD-Mecklenburg-Vorpommern, Leif-Erik Holm, zeigte sich von Meuthens Entscheidung wenig überrascht. „Meuthens Entfremdung von der Partei war schon eine Weile zu spüren“, hieß es in einer Mitteilung.
„Man muß es leider sagen: Meuthen hat sich zuletzt innerparteilich und auch in der Öffentlichkeit wie die Axt im Walde benommen, so daß auch bislang enge Vertraute von ihm abrückten.“ Es sei kein guter Stil, den Abgang mit einem angeblichen Rechtsruck zu begründen. Dabei handle es sich um die „immer gleiche unwahre Geschichte.“ (krk)