Am kommenden Wochenende sollen die Chefin der Thüringer Linkspartei, Susanne Hennig-Wellsow, und die hessische Fraktionsvorsitzende Janine Wissler zur Doppelsitze der Partei gekührt werden. Die Wahl der beiden Politikerinnen gilt als sicher.
Solche Wahlen gefallen Hennig-Wellsow. Zu tief sitzt bei den Thüringer Linken noch das Trauma vom Februar 2020, als im dortigen Landtag die FDP überraschend mit den Stimmen von CDU und AfD Thomas Kemmerich zum Kurzzeit-Ministerpräsidenten wählte. Um eine Wiederholung zu vermeiden, verlangte sie damals vor der erneuten Wahl, die CDU möge doch bitteschön vorher öffentlich ankündigen, daß mehrere ihrer Abgeordneten Bodo Ramelow zum Landesvater wählen würden.
Solche Forderungen sind in einer Demokratie schon ein starkes Stück. Wie sich die Linkspartei in Thüringen verhält, zeigt, wohin der Weg mit ihr führt, wenn sie die Regierung stellt. Apropos Thüringer Weg. Was die Politikerin mit Schwerpunkt Bildungspolitik und Antifa-Schlagseite sich darunter vorstellt, legte sie zuletzt im Interview mit der SZ dar.
Straßen blockieren und Bier trinken
„Morgens um sieben treffen wir uns mit den Siemens-Mitarbeitern am Werkstor, um Arbeitsplätze zu retten. Um zehn blockieren wir die Straße, damit die Nazis von der AfD nicht durch die Stadt laufen können. Mittags verhandeln wir mit unseren Koalitionspartnern über Gesetze und schreiben sie dann auch. Am Nachmittag diskutieren wir in der Fraktion über beitragsfreie Kitas und abends gehen wir Bier trinken und tanzen.“
So sehen die Vorstellungen von „radikal-pragmatischer“ Politik der Erfurter Landtagsabgeordneten aus. Mit diesem Stil Deutschland zu regieren, sieht sie ihre Partei gemeinsam mit SPD und Grünen berufen. „Wir haben den Auftrag, einen politischen Richtungswechsel einzuleiten“, ist sie sich sicher.
Blumenwurf macht Hennig-Wellsow bekannt
Hennig-Wellsow, die aus ihrer Mitgliedschaft in der linksextremen „Roten Hilfe“ keinen Hehl machte, war auch an den Protesten gegen den G8-Gipfel in Heiligendamm 2007 beteiligt. Damals kam es zu schweren Ausschreitungen der sogenannten Globalisierungskritiker. Worüber bei anderen Parteien die Nase gerümpft würde, sorgt bei Tiefrot für den richtigen Stallgeruch.
Wieviel die ehemalige Eisschnellläuferin von demokratischen Gepflogenheiten und Anstand auch in der Niederlage hält, machte sie deutlich, als es vor einem Jahr für ein paar Stunden so aussah, als hätte ihre Partei die Macht in Thüringen verloren. Als Vorsitzende der größten Landtagsfraktion warf sie damals dem frisch gewählten Kemmerich den obligatorischen Blumenstrauß vor die Füße.
Für diese beispiellose Respektlosigkeit erntete sie Applaus. Nun kann die als „Ikone des Antifaschismus“ Geadelte beruhigt ihrer Wahl am kommenden Wochenende entgegensehen. Den Blumenstrauß wird sie dieses Mal wohl nicht wegwerfen.