ERFURT. Die Thüringer AfD hat dem Landesverfassungsschutz ein parteipolitisch motiviertes Vorgehen vorgeworfen. Anlaß ist die Entscheidung der Behörde, den AfD-Landesverband im Freistaat als Beobachtungsobjekt einzustufen. AfD-Landessprecher Stefan Möller teilte am Dienstag abend mit, wenn Verfassungsschutzchef Stephan Kramer als SPD-Bundestagskandidat sein Amt dazu nutze, um der politischen Konkurrenz zu schaden, „erkennt selbst ein Blinder, daß das nichts mehr mit Demokratie zu tun hat“.
Die Thüringer sähen derzeit täglich, wer ihre Grundrechte schleife. „Sie wissen auch, daß sich die AfD Thüringen als einzige Partei kompromißlos, aber friedlich gegen diesen monatelangen Ausnahmezustand engagiert.“
Zuvor war bekanntgeworden, daß der Thüringer Verfassungsschutz den dortigen AfD-Landesverband als gesichert extremistisch einstuft. Es lägen „Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung“ vor, heißt es laut Nachrichtenagentur dpa in einer Vorlage, die am Dienstag in einer Sitzung des Thüringer Kabinetts besprochen worden sei. Die Einstufung der Thüringer AfD durch Verfassungsschutz sei formal schon im März erfolgt.
Bereits in mehreren Ländern als Verdachtsfall geführt
Verfassungsschutzchef Kramer bestätigte dem Bericht nach die Kabinettsbefassung. Wegen der bevorstehenden Landtagswahl und der damit verbundenen gesteigerten Neutralitätspflicht könne er aber inhaltlich dazu nichts sagen. Zuvor hatte das Freie Wort über die Einstufung berichtet.
Vor gut einem Jahr hatte die Behörde die Thüringer AfD bereits zum Verdachtsfall eingestuft. Ein Schritt, den auch die Landesverfassungsschutzämter in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg und zuletzt auch in Berlin für die dortigen AfD-Landesverbände vollzogen.
Durch die Hochstufung zum Verdachtsfall darf der Verfassungsschutz die Partei auch mit nachrichtendienstlichen Mitteln überwachen. Dazu gehören unter anderem die Anwerbung und der Einsatz von sogenannten V-Leuten, das Verfolgen von Finanzströmen sowie das Abhören, Mitlesen und Überwachen der Kommunikation von AfD-Mitgliedern und -Funktionären.
Die AfD wehrt sich juristisch gegen die Einstufung. In Brandenburg scheiterte sie aber im März mit einem Eilantrag vor dem Landesverfassungsgericht, dem Verfassungsschutz zu untersagen, sie öffentlich als rechtsextremistischer Verdachtsfall zu nennen. (krk)