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„Maybritt Illner“ zur Ministerpräsidentenwahl: Bullshit-Bingo für Fortgeschrittene

„Maybritt Illner“ zur Ministerpräsidentenwahl: Bullshit-Bingo für Fortgeschrittene

„Maybritt Illner“ zur Ministerpräsidentenwahl: Bullshit-Bingo für Fortgeschrittene

Maybrit Illner
Maybrit Illner
Die Talkrunde bei Maybrit Illner diskutierte die Entwicklungen in Thüringen Foto: ZDF Mediathek
„Maybritt Illner“ zur Ministerpräsidentenwahl
 

Bullshit-Bingo für Fortgeschrittene

Die Vorgänge in Thüringen beschäftigten auch die Gäste von Maybritt Illner. Unangefochtene Siegerin im Phrasendreschen gegen die „Faschisten“ und die AfD war eine Politikerin der Linkspartei. Die FDP-Generalsekretärin Linda Teuteberg bedauerte den Erfolg ihres Parteifreundes Thomas Kemmerich und blieb auch sonst überraschend stumm.
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In Thüringen verhandelte die CDU bis spät in die Nacht über das weitere Verfahren in Sachen Ministerpräsidentenwahl. Währenddessen diskutierte man in Berlin Mitte bei Maybrit Illner über das, was bei der vermeintlichen Schande im Thüringer Landtag geschehen war und – da waren sich so ziemlich alle einig – nie wieder geschehen sollte. Bei der TV-Debatte wurde freilich nicht mit historischen Superlativen und Übertreibungen gespart. Schon der Einspieler, der die Runde in Schwung bringen sollte, klang wie ein verspätet eingereichter Filmbeitrag von Guido Knopp über die „Machtergreifung“ der NSDAP. Damit war von Anfang an klar, das Thema sollte in dem hyperventilierenden Empörungsduktus diskutiert werden, der seit dem Moment des Wahlsieges von Thomas Kemmerich (FDP) auf allen Ebenen der Republik dominiert.

Besonders eifrig tat sich dabei die stellvertretende Parteivorsitzende der Linkspartei, Janine Wissler, hervor. Die Abgeordnete im hessischen Landtag arbeitete ihre Bullshit-Bingo-Karte so sorgfältig und konsequent ab, wie kein anderer in der Runde. Das will wahrlich etwas heißen. Die AfD sei eine „offen rassistisch“ und „nationalistische“ Partei; und natürlich keine Partei wie jede andere. Selbstverständlich betonte sie, daß man Björn Höcke „gerichtlich bestätigt“ einen „Faschisten“ nennen kann. Was am Vortag in Thüringen passiert war, sei – das Worte mußte noch kommen – ein „Dammbruch“. „75 Jahre nach der Befreiung vom Faschismus, 75 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz, haben CDU und FDP in Thüringen mit Faschisten paktiert.“ Bingo!

Bevor die Linke dann auch noch die NSU-Morde als moralisches Argument gegen einen von der AfD mitgewählten liberalen Ministerpräsidenten heranzog, lobte sie erst einmal die linksextremen Demonstrationen gegen Kemmerich. Den „zehntausenden Menschen“, die da auf die Straße gingen, sei es „zu verdanken“, daß das Ergebnis der parlamentarischen Abstimmung im Landtag „korrigiert“ worden sei.

Immerhin durfte Gauland dabei sein

Mit so viel selbstgefälligem Habitus konnte nicht einmal der sonstige Großmeister dieser Disziplin, Robert Habeck, mithalten. Dafür konnte er an anderer Stelle intellektuell bei Wissler andocken. Die vielzitierte Gleichsetzung von AfD und Linkspartei sei eine „Verharmlosung“ der AfD und der „Faschisten“. Daß die Wahl von Kemmerich ein Zufall war, glaube er nicht. Der Grünen-Chef hatte demnach genau mitgezählt, wie oft AfD, CDU und FDP bereits zusammen abgestimmt hätten. Als Beweis für ein rechtsliberales Komplott führte er auch die Glückwünsche hochrangiger FDP-Politiker an ihren Thüringer Parteikollegen an.

Hier hielt Welt-Chefredakteurin Dagmar Rosenfeld dagegen, daß sich einige FDP-Größen auch ganz klar gegen den Pakt ausgesprochen hätten. Sie weiß: In diesen Zeiten ist es wichtiger denn je, die Guten und die Bösen klar zu trennen und einzeln zu benennen.

Immerhin: Die Redaktion von Maybrit Illner hatte auch Alexander Gauland eingeladen. So wurde an diesem Abend wenigstens einmal nicht ausschließlich über die AfD gesprochen. Viel durfte Gauland zwar nicht sagen, aber immerhin gelang es ihm in sachlichem Ton anzumerken, daß es ein ganz normaler Vorgang sei, wenn der eigene Kandidat keine Chance auf einen Wahlerfolg habe, den Kandidaten zu wählen, der einem politisch am nächsten stehe. „Demokratie ist Kompromiß“, sagte Gauland und hatte damit tatsächlich den wohl demokratischsten Satz des Abends – wenn nicht der vergangenen zwei Tage – ausgesprochen.

Teuteberg bedauert Wahl von Parteifreund Kemmerichs

Wie weit die Republik derzeit vom Ideal einer Demokratie entfernt ist, zeigte nicht zuletzt der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU). Angela Merkels (CDU) entlarvende Aussage, das Ergebnis von Thüringen müsse „rückgängig gemacht“ werden, empfand der CDU-Mann als völlig richtig. Kemmerich sei in der Situation nicht regierungsfähig, deshalb könne das Votum der Landtagsabgeordneten auch nicht das letzte Wort gewesen sein. Wer das letzte Wort in der Causa MP-Wahl hat, weiß inzwischen vermutlich jeder in Merkel-Land. Auch wenn Kretschmer betonte, über Neuwahlen in Thüringen würde „Gott sei Dank“ kein Gremium in Berlin, sondern die freigewählten Abgeordneten im Thüringer Landtag entscheiden.

Wenig zu dem Thema zu sagen hatte erstaunlicherweise die Stimme der FDP. Die Generalsekretärin der Liberalen, Linda Teuteberg, betonte lediglich, wie sehr sie die Entscheidung ihres Thüringer Parteifreundes, die Wahl anzunehmen, bedauere. Außerdem stellte sie klar: „Es darf keine Abhängigkeit von der AfD geben.“ Das Ergebnis des Nachtgipfels der CDU erreichte die Runde im ZDF nicht mehr rechtzeitig. Es hätte aber auch keinen entscheidenden Unterschied gemacht.

Die Talkrunde bei Maybrit Illner diskutierte die Entwicklungen in Thüringen Foto: ZDF Mediathek
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