Die parteinahen Stiftungen Deutschlands stehen wieder einmal in der Kritik. Bereits Anfang des Jahres hatte der Bund der Steuerzahler die Institute gerügt, weil der Staat im Jahr 2017 mehr Geld denn je an sie ausgeschüttet hatte: rund 580 Millionen Euro. Bewilligt werden die Gelder von Bundestagsabgeordneten, die als Parteimitglieder selbst ein Interesse an der Finanzierung haben.
Mittlerweile fließt an die Parteiinstitute dreimal mehr Steuergeld als über die eigentliche Parteienfinanzierung. Der Anteil staatlicher Zuschüsse an den Gesamteinnahmen von Konrad-Adenauer-Stiftung, Friedrich-Ebert-Stiftung und Co. liegt bei 88 bis 99 Prozent.
Eine besondere Aufgabe der Stiftungen ist ihr Engagement im Ausland. Sie gelten als erweitertes Instrument der deutschen Außenpolitik. Der einstige Generalsekretär der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS), Ottfried Henning, faßte die Mission seines Instituts folgendermaßen zusammen: „Wir wollen zugleich auf die Gestaltung politischer und gesellschaftlicher Ordnungen, auf politische Entscheidungsprozesse und auf die Entwicklung politischer und gesellschaftlicher Institutionen einwirken.“
Fast 700 Millionen Euro an CDU- und SPD-nahe Stiftungen
Die einen mögen darin die Verbreitung von westlichen Werten, Demokratie und Menschenrechten erkennen; andere, insbesondere betroffene Länder, bewerten diese Ambitionen als subversive Maßnahmen, um einen Regierungswechsel („Regime change“) herbeizuführen. Nicht umsonst führt Rußland eine Liste „unerwünschter Organisationen“, auf der auch der Name der KAS auftaucht. Die christdemokratische Stiftung ist jedoch nicht Ausnahme, sondern Regel.
Umso aufschlußreicher ist eine Antwort der Bundesregierung auf die Anfrage des AfD-Abgeordneten Anton Friesen, welche seit vergangener Woche einsehbar ist. Sie legt die Finanzierung jenes zweiten diplomatischen Arms der Bundesrepublik offen, der neben der offiziellen Außenpolitik agiert und Gesellschaft und Politik weltweit gestalten möchte. In den letzten acht Jahren finanzierte der Bund die Unterstützung außenpolitischer Projekte mit rund 2,3 Milliarden Euro.
Seit 2010 flossen demnach jeweils 683 Millionen an KAS und Friedrich-Ebert-Stiftung (SPD), fast 240 Millionen Euro an die FDP-nahe Friedrich-Naumann-Stiftung, 232 Millionen Euro an die Grünen von der Heinrich-Böll-Stiftung, und 219 beziehungsweise 218 Millionen Euro an die Rosa-Luxemburg-Stiftung (Linke) und die Hanns-Seidel-Stiftung (CSU).
Millionen dafür, dass der Westen westlich bleibt
Aufschlußreich sind jedoch nicht nur die nackten Zahlen, sondern auch die ausgeführten Projekte. Für die „Demokratische und soziale Gestaltung der Globalisierung“ erhält die Friedrich-Ebert-Stiftung seit Jahren zweistellige Millionenbeträge – im aktuellen Förderungszeitraum (2018 bis 2020) sind es rund 20 Millionen Euro. In derselben Größenordnung sind die die sogenannten „gesellschaftlichen Beratungsprogramme“ rund um die Welt zu veranschlagen. Ob Südamerika, Nahost, Afrika oder Asien: der Bund honoriert die sozialdemokratischen Demokratisierungsbemühungen mit 20 bis 30 Millionen Euro. Pro Projekt, wohlgemerkt.
Die Projekte der Konrad-Adenauer-Stiftung bewegen sich in ganz ähnlichem Rahmen. Hier zehn Millionen Euro für ein Regionalprogramm in Mexiko und Zentralamerika, dort 27 Millionen Euro für ein Regionalprogramm in Afrika südlich der Sahara. So viel Aufwand hat natürlich auch verwaltungstechnische Aspekte, weswegen der Bund die Vorbereitung von Auslandsmitarbeitern übernimmt oder Mitarbeiterkonferenzen der KAS finanziert.
Dazwischen fallen immer wieder die jährlichen Kosten für „Gesellschaftspolitische Maßnahmen in Europa, Nordamerika und Japan“ an. Daß der Westen auch weiterhin westlich bleibt, ließ sich die Stiftung vom Bund zuletzt mit rund 18 Millionen Euro vergüten.
Die kleineren Institute – namentlich die Hanns-Seidel-Stiftung (CSU), Heinrich-Böll-Stiftung (Grüne), Friedrich-Naumann-Stiftung (FDP) und die Rosa-Luxemburg-Stiftung (Linkspartei) – bekommen zwar nur ein Drittel dessen, was die beiden Platzhirsche an Bundesmitteln ergattern. Das hindert die Stiftungen der kleinen Parteien jedoch nicht, ebenfalls Projekte in zweifacher Millionenhöhe zu stemmen.
Partizipative Demokratie unter Berücksichtigung von Genderaspekten in Marokko und Tunesien
Bemerkenswert sind nicht selten die Thematiken mancher Projekte. Ausgerechnet der katholische Bayer Seidel hält seinen Namen für ein „Entwicklungsvorhaben durch Dezentralisierung und partizipativen Demokratieansatz unter besonderer Berücksichtigung von Genderaspekten“ in Marokko und Tunesien hin (Kostenpunkt: 1,2 Millionen Euro).
Mit zweieinhalb Millionen Euro kämpfen die Erben Rosa Luxemburgs für soziale Gerechtigkeit in Nordafrika. Die Grünen haben es dagegen nicht so sehr mit Genauigkeit: aber welche Argumente hätte der Bund schon dagegen vorbringen können, der Heinrich-Böll-Stiftung keine zwei Millionen Euro für „Demokratie und Frieden“ zu überweisen? Wer ist schon gegen Demokratie und Frieden? Eben.
Bei so viel Geld und so vielen Maßnahmen kann einem leicht schwindelig werden. Bei der Frage nach den Veranstaltungen, welche die Auslandsbüros seit 2010 durchgeführt hatten, mußte selbst der Sachbearbeiter kapitulieren: „Die Auslandsbüros der politischen Stiftungen haben schätzungsweise rund 100.000 Veranstaltungen durchgeführt. Da die Aktivitäten der politischen Stiftungen zwar erfaßt, jedoch nicht kategorisiert beziehungsweise statistisch aufbereitet werden, ist eine Einzelfallprüfung aller Veranstaltungen auf Bezüge zu den in der Fragestellung genannten Themen mit zumutbarem Aufwand nicht möglich.“
Heißt: Die Gesamtaktivitäten der parteinahen Stiftungen in der Welt sind so zahlreich, daß die Bundesregierung die Übersicht verloren hat. Bewertet man die eingereichten Statistiken, begrenzt sich der Kontrollverlust jedoch nicht nur darauf: Offensichtlich will Deutschland nicht nur im Alleingang das Weltklima retten und die Flüchtlingsfrage lösen, sondern auch noch Politik und Gesellschaft der restlichen Welt bestimmen, die noch nicht den Weg zur Demokratie gefunden haben. Die Formel lautet: Kolonialismus im Gewand des Gutmenschentums.