Veranstaltungen zum Rechtsextremismus versprechen in Deutschland zwei Dinge: ein volles Haus und ein gewisses Maß an Irrationalität. Beides gab es auch beim Stern-Exit-Talk am Sonntag im Berliner Schloßpark-Theater. Weit mehr als 200 Zuhörer waren gekommen, um zum Thema „NPD – Nein danke!“ zu diskutieren.
Die finanziell schwer angeschlagene und vom Mitgliederschwund betroffene Partei spielte allerdings nur eine Nebenrolle. Im Mittelpunkt stand nur einer: Hardy Krüger. Der 85 Jahre alte Schauspieler („Der Flug des Phönix“, „Einer kam durch“) hat es sich in den vergangenen Jahren zur Aufgabe gemacht, gegen den Rechtsextremismus zu Felde zu ziehen.
RBB wollte nicht berichten
„Wir müssen die Jugend zu politischer Verantwortungsbereitschaft ermuntern“, sagt er gleich zu Beginn. Als Beispiel führt er dann die Blockade eines von Pro NRW gecharterten „Nazi-Dampfers“ durch mehrere tausend gewaltbereite Linksextremisten an. „Die haben die Neonazis nicht an Land gehen lassen“, freut sich der alternde Schauspieler. „Eine tolle Geschichte“ sei das gewesen. Für solche Äußerungen ist ihm der Applaus des Publikums sicher. Ärger bereitet ihm allerdings, daß niemand vom RBB gekommen sei. Dabei hatte Krüger vorher noch extra bei dem Sender angerufen und um Berichterstattung gebeten.
Neben Krüger sitzen Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, der ehemalige Rechtsextremist Steven Hartung, Hans-Ulrich Jörges vom Stern, der Chef des mehr oder weniger erfolgreichen Aussteigerprogramms „Exit“, Bernd Wagner, und als Moderator der Kabarettist Dieter Hallervorden.
Deutliche Töne von Jörges
In der Sache sind sich alle einig: Der Rechtsextremismus ist eine Gefahr für Deutschland. Besonders Jörges schlägt deutliche Töne an. Die Thesen von Thilo Sarrazin hält er für die gefährlichste Hetze, die es in der Bundesrepublik seit der Judenverfolgung gegeben habe. „Mein Vertrauen in die Deutschen hat gelitten.“ Besonders im Internet nehme die Propaganda zu. Gleich zweimal appelliert er an Schnarrenberger, etwas dagegen zu tun. Die FDP-Politikerin bleibt charmant unverbindlich und verweist auf bereits bestehende Maßnahmen.
Auch an den Ermittlungen zu den mittlerweile der NSU angelasteten Taten läßt das Mitglied der Stern-Chefredaktion kein gutes Haar. Die Tatsache, daß die Ermittlungsbehörden nie ins Auge gefaßt hätten, daß die Täter Deutsche seien, empört ihn. „Wenn der Genickschuß eine Landsmannschaft hat, dann die deutsche.“ Daß auch die türkischen Behörden bis zur Aufdeckung des NSU vor Tätern aus dem organisierten Verbrechen warnten, sagt Jörges nicht.
Hallervorden spricht Klartext
Zumindest einer hatte während der Veranstaltung gut lachen. Exit-Chef Wagner trommelte kräftig für sein mittlerweile von der Bundesregierung mitfinanziertes Projekt. Knapp 500 Personen will Wagner, der sich bereits unter dem SED-Regime als Volkspolizist mit Rechtsextremisten beschäftigte, schon aus der Szene geholt haben. Ein Zuschauer fragt nach den Kontodaten. Wagner kennt sie nicht, ist aber sichtbar erleichtert, daß das Thema angesprochen wird.
Am Ende ist es dann Dieter Hallervorden, alles andere als ein Freund der Linkspartei, der die Diskussion vom Kopf auf die Füße stellt. „Ich habe damals drei Morddrohungen bekommen“, sagt der Kabarettist. Nicht von Rechts-, sondern von Linksextremisten.