FREUDENSTADT. Etwa 100 Asylbewerber haben in Freudenstadt erneut gegen die Ausgabe von Lebensmittelpaketen protestiert und deren Annahme verweigert. Zuvor hatten die mehrheitlich aus Pakistan, Afghanistan und dem Iran stammenden Asylbewerber am 15. November vor dem Landratsamt der baden-württembergischen Kreisstadt für Barzahlungen statt Essenspakete demonstriert. Am 20. November wurde eine weitere Spontan-Demonstration der Protestierer von der Polizei untersagt.
„Wir wußten, daß das Versammlungsrecht gilt, aber die Polizei kam und erzählte uns immer wieder die gleichen Lügen“, klagte Rex Orsa vom The Voice Refugee Forum die Beamten im linken Regionalsender Radio Dreyeckland an. Lebensmittelpakete seien „total inhuman“ und zeigten die große „Arroganz“ der Entscheidungsträger gegenüber den Flüchtlingen.
Asyllobby beruft sich auf Verfassungsgerichtsurteil
Orsa berief sich dabei auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom Juli, wonach sich die Höhe von Leistungen für Asylbewerber an der Höhe von Sozialleistungen für Deutsche orientieren muß. Von den 336 Euro müssen nach der Entscheidung mindestens 130 statt wie bisher 40 Euro für den persönlichen Bedarf in bar ausgezahlt werden. Der Restbetrag, um den sich der Protest dreht, darf jedoch weiterhin in Sachleistungen ausgegeben werden.
Tobias Mohr, Vorsitzender der Abteilung Soziales und Gesundheit der Caritas, empfindet dies als Diskriminierung. „Die Personen können sich nicht entscheiden, was sie essen wollen. Sie bekommen ihr Essen immer vorgesetzt. Das schränkt diese Leute gänzlich ein. Asylsuchende aus Afghanistan würden sich auch sicherlich andere Sachen zum Anziehen und zum Essen kaufen als wir Deutschen“, gab Mohr im SWR Radio zu bedenken.
Weitere Proteste angekündigt
Auf der eigens eingerichteten Facebook-Seite „Flüchtlingsprotest Freudenstadt“ erklärten die Asylbewerber ihren Standpunkt: „Die Protestierenden lehnen jede Verhandlung über eine Änderung innerhalb des Sachleistungsprinzips ab, verweisen auf die immer größer werdende Zahl an Landkreisen in Baden-Württemberg, die Bargeld ausgeben und kündigen dem Landrat Aktionen des zivilen Ungehorsams an, wenn nicht innerhalb der nächsten Woche die Ausgabe von Lebensmittelpaketen gestoppt wird.“
Neben der mangelnden Freiheit, zu kaufen, was sie wollen, kritisieren die Asylbewerber vor allem die Qualität der Lebensmittel. Benjamin Geigl, Sachbearbeiter der örtlichen Aufnahmebehörde äußerte gegenüber der taz sein Unverständnis für die Proteste. Auf dem Speiseplan stünden Lammfleisch, Gurken, Basmati-Reis, Putenwurst und vieles mehr. „Natürlich soll das Essen gut sein. Wenn es Sonderwünsche gibt, gehen wir dem natürlich nach, sofern das möglich ist.“ Auf Facebook haben die Asylbewerber bereits angekündigt, daß ihre Proteste so lange weitergingen, bis alle Forderungen erfüllt sind. (tb)