BERLIN. Der Vorstoß von Union und FDP für eine teilweise Verschärfung der Zuwanderungsbestimmungen stößt bei den Deutschen offenbar auf Zustimmung. In einer am Sonntag veröffentlichten Emnid-Umfrage für die Bild am Sonntag (BamS) sprachen sich 68 Prozent der Befragten für eine Integrationspflicht im Grundgesetz aus. 57 Prozent stimmen außerdem der Aussage zu, der Islam gehöre nicht zu Deutschland.
Den Vorschlag aus Reihen der Regierungskoalitionen, die dauerhafte Aufenthaltserlaubnis an einen bestandenen Sprachtest zu binden, befürworteten 80 Prozent, 19 Prozent der Befragten waren dagegen.
Hintergrund der Umfrage ist die von Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) entfachte Debatte über die Zugehörigkeit des Islams zu Deutschland. Friedrich hatte gesagt, es lasse sich nicht belegen, daß der Islam historisch gesehen ein Teil Deutschlands sei. Islamverbände und Grüne hatten Friedrich daraufhin heftig kritisiert unde dem Minister vorgeworfen, die Integration zu behindern.
Kurze Zeit später hatte sich der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) für schärfere Integrations- und Zuwanderungsregeln ausgesprochen Auf dem politischen Aschermittwoch sagte der CSU-Vorsitzende, er wolle „bis zur letzten Patrone“ in der Koalition dafür kämpfen, eine Zuwanderung in die Sozialsysteme zu verhindern. Der ehemalige Staatssekretär Ulrich Kasparick (SPD) hatte Seehofer deshalb wegen Volksverhetzung angezeigt.
Zentralrat der Juden: Islam ist Teil von Deutschland
Unterdessen betonte der Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, Dieter Graumann, der Islam sei „ganz sicher Teil von Deutschland“. Die kulturhistorische Debatte bringe Deutschland jedoch nicht weiter, sagte Graumann im Interview mit der BamS. Aus dem Gegeneinander in der Integrationsdebatte müsse ein „herzliches Miteinander“ werden.
Gleichzeitig warnte der Zentralratspräsident allerdings auch vor einem wachsenden Antisemitismus in den islamischen Gemeinden. Die Verantwortlichen der Islamverbände hätten in der Vergangenheit zu wenig gegen Judenfeindlichkeit getan. „Aus dieser Verantwortung werden wir sie nicht entlassen“, kündigte Graumann an.
Scharfe Kritik äußerte Graumann auch an dem vor kurzem erfolgten Freispruch von NPD-Chef Udo Voigt im Verfahren um einen angeblich rassistischen WM-Planer der Partei aus dem Jahr 2006. Die Richter hätten mit ihrem Urteil der NPD einen „Freibrief für Rassismus“ ausgestellt. „Wir haben zu viele Richter, die für alles Verständnis haben, aber nichts begreifen“, kritisierte er. (ho)