BERLIN. Der Wahlsieg des Rechtbündnisses in Italien hat die deutsche Politik in Aufruhr versetzt. Empört äußerte die Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments, Katarina Barley (SPD), scharfe Kritik am Wahlausgang. „Giorgia Meloni wird eine Ministerpräsidentin sein, deren politische Vorbilder Viktor Orbán und Donald Trump heißen“, sagte sie der Welt. Ihr „wahlkampftaktisches Lippenbekenntnis für Europa“ könne nicht darüber hinwegtäuschen, daß Meloni „eine Gefahr für das konstruktive Miteinander“ in Europa darstelle.
Der Grünen-Parteivorsitzende Omid Nouripour bezeichnete das Ergebnis der Wahl als „besorgniserregend“. Die Vizepräsidentin des Bundestages, Katrin Göring-Eckhardt (Grüne), twitterte, die Wahl müsse „ganz Europa wachrütteln“. Nationalismus und Rechtspopulismus gefährdeten den europäischen Zusammenhalt. „Jetzt nur das Ergebnis zu beklagen, reicht nicht.“
Die Wahl in #Italien sollte ganz Europa wachrütteln: Nationalismus & Rechtspopulismus gefährden den europ. Zusammenhalt.
Jetzt nur das Ergebnis zu beklagen, reicht nicht: Über den Einfluss von Rechtspopulismus & Faschismus wird an jedem Tag entschieden, nicht nur am Wahltag.— Katrin Göring-Eckardt (@GoeringEckardt) September 26, 2022
Grüne sehen in Italiens Rechte „eine Gefahr für Europa“
Der Sprecher der deutschen Grünen im EU-Paralament, Rasmus Andresen, schloß sich diesen kritischen Einordnungen an. „Italien als Gründungsmitglied und drittstärkste Wirtschaft der EU steuert auf eine antidemokratische und antieuropäische Regierung zu“, sagte er. Der „beispiellose Rechtsrutsch“ werde tiefgreifende Auswirkungen auf die EU haben, warnte Andresen. Meloni würde auf nationale Alleingänge setzen und könne so „eine Katastrophe für Europa werden“, etwa eine Schuldenkrise auslösen.
Die Bundessprecher der AfD, Alice Weidel und Tino Chrupalla, gratulierten der voraussichtlich neuen Ministerpräsidentin. Trotz „undemokratischer Warnungen“ seitens der EU im Vorfeld der Wahl „haben sich die Italiener wie zuvor die Schwedendemokraten für einen Politikwechsel entscheiden“. Der Wahlerfolg sei ein weiterer Sieg der Vernunft, teilten beide Parteichefs mit. Deutschland stehe mittlerweile mit seiner „links-grünen Ampelkoalition“ europaweit ziemlich allein da.
Gratulation an Giorgia #Meloni zum Wahlsieg in #Italien. Nach #Schweden wird auch in Italien klar: Die Bürger wünschen sich eine geordnete, bürgerliche Politik. pic.twitter.com/0JbQJjp9hm
— Alice Weidel (@Alice_Weidel) September 26, 2022
AfD: „Klare Politik zum Wohl der eigenen Leute“
„Die Italiener haben Giorgia Meloni ihr Vertrauen geschenkt, nicht weil sie Angst vor der Zukunft haben, sondern weil sie ihre Hoffnung in eine andere Zukunft setzen“, sagte der Dresdner Europaabgeordnete Maximilian Krah (AfD), der auch Mitglied im Bundesvorstand seiner Partei ist. Die Vorsitzende der Fratelli d’Italia stehe mit ihrer Koalition für eine Korrektur des eingeschlagenen Weges.
Statt Zentralisierung strebe sie eine Föderalisierung der EU an, betonte Krah. „Statt Werteimperialismus eine ruhige, klar kalkulierende Politik zum Wohle der eigenen Leute. Das kann für die AfD nur als klarer Ansporn für die anstehenden Landtagswahlen in Niedersachsen wahrgenommen werden: Reihen schließen und mit klarem Kurs wieder ins Parlament.”
FDP: „Italien wird nicht zu zweitem Ungarn werden“
Der Bundestagsabgeordnete Alexander Graf Lambsdorff (FDP) sprach im ARD-„Morgenmagazin“ am Montag von einem „Erdbeben auf der Rechten“. Für die EU werde es jetzt „mühsamer, Einigkeit zu erzielen“, auch wenn Deutschland und Frankreich weiterhin fest zusammenarbeiteten. Bei den Themen Migration, Reform des Stabilitäts- und Wachstumspakt, europäischer Binnenmarkt und Energiepreise werde es mit dem italienischen Rechtsbündnis nun in Brüssel schwieriger.
Der FDP-Politiker urteilte, der „härteste Europagegner“ Matteo Salvini und „das Auslaufmodell“ Silvio Berlusconi seien durch diese Wahl „dramatisch geschwächt“. Mit Blick auf die gegen Rußland gerichteten EU-Sanktionen habe Meloni häufig Salvini widersprochen, erinnerte er. Sie versprach, Rom werde unter ihrer Führung die Sanktionen gegen Moskau weitertragen. Lambsdorff erwarte nicht, daß sich das Land innenpolitisch ähnlich wie Ungarn entwickle. Sollte dies dennoch der Fall sein, verfüge Brüssel über rechtsstaatliche Instrumente, wie zuvor auch schon von der Leyen argumentiert hatte. (ab)