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Prozeß gegen Lega-Chef: Salvinis Martyrium und das linke Bangen

Prozeß gegen Lega-Chef: Salvinis Martyrium und das linke Bangen

Prozeß gegen Lega-Chef: Salvinis Martyrium und das linke Bangen

Matteo Salvini (Lega)
Matteo Salvini (Lega)
Matteo Salvini (Lega): Soll der Prozeß gemacht werden Foto: picture alliance/ZUMA Press
Prozeß gegen Lega-Chef
 

Salvinis Martyrium und das linke Bangen

Lega-Chef Matteo Salvini soll der Prozeß gemacht werden. Grund dafür ist die rigide Asylpolitik während seiner Amtszeit als italienischer Innenminister. Es liegt der Verdacht nahe, daß die Anklage rein politisch motiviert ist.
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Das Schicksal heißt „Gregoretti“. Zumindest für den italienischen Ex-Innenminister Matteo Salvini. In seiner Amtszeit sorgte der Lega-Chef mit seinem rigiden Kurs der „geschlossenen Häfen“ in ganz Europa für viel Lob und Kritik. Im Juli 2019 setzte er ein Boot der Küstenwache, eben jene „Bruno Gregoretti“, fest.

Vier Tage harrten 131 Migranten an Bord aus. Erst, als andere EU-Mitgliedsstaaten sich bereit erklärten, diese unter sich aufzuteilen, durfte das Schiff im sizilianischen Augusta anlegen. Der Fall schaffte es schon damals in die Schlagzeilen – und fällt Salvini jetzt auf die Füße.

Dem „Capitano“ soll der Prozeß gemacht werden. Die Staatsanwaltschaft Catania hat bereits im Dezember Anklage gegen Salvini erhoben – wegen Freiheitsberaubung und Amtsmißbrauch. Am vergangenen Mittwoch hat der Senat dann den Weg für ein solches Verfahren freigemacht und dem 46jährigen die Immunität entzogen.

„Die Verteidigung des Vaterlands ist eine heilige Pflicht“

Die beiden anderen Parteien rechts der Mitte – die Forza Italia von Silvio Berlusconi und die Fratelli d’Italia (FdI) von Giorgia Meloni – versuchten den alten Bündnispartner über eine Änderung der Tagesordnung zu retten. Sie blieben erfolglos.

„Die Verteidigung des Vaterlands ist eine heilige Pflicht, ich bleibe dabei, daß ich mein Vaterland verteidigt habe“, wiederholte Salvini seine Position in einer hitzigen Debatte. „Braucht ihr ein Versuchskaninchen? Hier bin ich. Meine einzige Sorge gilt nicht mir selbst: Mir tut es leid für meine Kinder, was sie morgen in der Zeitung lesen müssen.“ Salvini spielte damit auf die Möglichkeit an, bei einer Verurteilung kein politisches Amt mehr bekleiden zu können, was von Anhängern des rechten Lagers als eigentlicher Grund des Prozesses vermutet wird.

Der Ex-Innenminister hob außerdem hervor, daß er damals in völliger Übereinstimmung mit Premierminister Giuseppe Conte gehandelt habe. Dieser werde jedoch nicht angeklagt. Einen ähnlichen Vorwurf machte er Luigi Di Maio, dem ehemaligen Parteichef der Fünf-Sterne-Bewegung (M5S), der damals Wirtschaftsminister und Koalitionspartner war.

Ein rein politisches Manöver?

Salvinis Salve ging jedoch ins Leere, weder Conte, noch Di Maio – jetzt Außenminister – waren bei der Debatte anwesend. Zwischen den Abgeordneten William De Vecchis (Lega) und Marco Pellegrini (M5S) kam es beinahe zu Handgreiflichkeiten. Vor der Abstimmung verließ die Lega-Fraktion den Senat.

Daß es sich um ein rein politisches Manöver handeln könnte, befeuerte jüngst noch Ex-Premier Matteo Renzi, der mit seiner Fraktion „Italia Viva“ zu den Anheizern der Immunitätsaufhebung gehört. Renzi äußerte im Fernsehsender RaiDue – vergleichbar mit dem ZDF – daß Salvini „keine Verbrechen begangen“ habe, sondern einen „ungeheuerlichen politischen Fehler“. Man würde ihm einem Gericht ausliefern, weil er selbst darum gebeten habe.

Ob Salvinis „Impeachement“ so glimpflich abläuft wie das von US-Präsident Donald Trump, bleibt angesichts der politischen Implikationen damit fraglich. Allerdings könnte eine Verurteilung wie auch ein Freispruch Salvinis einen Bumerang für das linke Lager bedeuten.

Bereits jetzt droht der Lega-Chef zum Märtyrer werden. Die demonstrative Treue seiner Alliierten Meloni von den FdI gilt als Empfehlung: Sollte Salvini tatsächlich nicht kandidieren können, würde ihr die Rolle als Anführerin des rechten Lagers zufallen. Die Linke verschafft sich höchstens eine Atempause.

Die Rechte steht wie ein Mann

Denn auch die regierende Anti-Salvini-Koalition erweist sich immer mehr als brüchiges Kittwerk, das nur in seiner Verhinderungshaltung eine Identität findet. Derselbe Renzi, der Salvini vor Gericht stellt, liebäugelte mit den Lega-Stimmen im Parlament, um den unbeliebten Justizminister Alfonso Bonafede mit einem Mißtrauensvotum zu Fall zu bringen.

Fünf Sterne und Sozialdemokraten haben sich angesichts einer Justizreform mit dem Ex-Premier überworfen. Und Di Maio, der vor kurzem als Chef der Sterne hinwarf, heizt nun den Streit innerhalb des M5S an, indem er dazu auffordert, am heutigen Samstag gegen die eigene Partei zu protestieren, weil der sozialdemokratische Koalitionspartner das errungene Grundeinkommen aufzuheben droht.

Gegen den linken Partikularismus steht dagegen die Rechte wie ein Mann. Das salvinische Martyrium könnte es stärker denn je zusammenschweißen. Und es bleibt das linke Bangen, daß ein Koalitionsbruch und Neuwahlen Italien umwälzen, bevor das Gericht ein Urteil fällt.

Matteo Salvini (Lega): Soll der Prozeß gemacht werden Foto: picture alliance/ZUMA Press
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