BUDAPEST/PRAG. Vertreter der Visegrad-Staaten haben das Urteil des Europäischen Gerichtshofs zur Flüchtlingsumverteilung scharf kritisiert. Die Luxemburger Richter hatten am Mittwoch eine Klage Ungarns und der Slowakei abgewiesen und damit die Quotenregelung der EU für rechtens erklärt.
„Das Urteil ist eine politische Entscheidung. Die Politik hat das europäische Recht, die europäischen Werte vergewaltigt“, klagte Ungarns Außenminister Peter Szijjarto. Die Entscheidung setze Brüsseler Behörden über die Nationen. „Das ist inakzeptabel.“ Ungarn werde auch weiter keine Flüchtlinge aufnehmen, bekräftigte er und zeigte sich kämpferisch: „Die wahre Schlacht beginnt erst jetzt.“
Zeman: Dürfen uns nicht beugen
Auch der tschechische Präsident Milos Zeman wandte sich gegen eine Aufnahme von mehreren tausend muslimischen Migranten, deren Kultur sich deutlich von der europäischen unterscheide. „Wir dürfen uns nicht beugen, wir dürfen uns nicht drohen lassen“, sagte Zeman laut der tschechischen Nachrichtenagentur CTK. Wenn es hart auf hart komme, sei es sogar besser, auf EU-Subventionen zu verzichten, als Migranten hereinzulassen.
Polens Premierministerin Beata Szydlo erklärte, ihr Land habe das Urteil erwartet. Es verändere jedoch nicht die Haltung der polnischen Regierung. Der slowakische Premierminister Robert Fico bekundete, seine Regierung respektiere das Urteil. Dies ändere jedoch nicht die ablehnende Haltung der Slowakei zu der Umverteilung.
Ein Beschluß der EU sieht vor, daß bis September dieses Jahres 160.000 Asylsuchende umverteilt werden sollen. Bislang wurden rund 30.000 Personen umgesiedelt. Ungarn, die Slowakei, Rumänien und Tschechien hatten dagegen protestiert, wurden jedoch von den anderen Ländern überstimmt.
Nationale Parlamente mußten nicht befragt werden
Die Regierungen in Budapest und Preßburg (Bratislava) scheiterten mit einer Klage dagegen. Die Verteilung sei ein geeignetes Mittel gewesen, um die Hauptankunftsländer Griechenland und Italien zu entlasten, begründeten die Richter in Luxemburg ihren Beschluß. Ein formelles Gesetz unter der Beteiligung der nationalen Parlamente sei nicht erforderlich gewesen.
Der Vertrag von Lissabon ermächtige die EU-Organe, „sämtliche vorläufige Maßnahmen zu ergreifen, die notwendig sind, um wirksam und rasch auf eine durch den plötzlichen Zustrom von Vertriebenen geprägten Notlage zu reagieren“. Diese Maßnahmen dürften auch von Gesetzgebungsakten abweichen, vorausgesetzt sie sind „hinsichtlich ihres sachlichen und zeitlichen Geltungsbereichs begrenzt“. (tb/ls)