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Piratenpartei in schwerer See

Piratenpartei in schwerer See

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Piratenpartei in schwerer See

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Nimmt man die Aufmerksamkeit als Maßstab, die der Piratenpartei in den vergangenen Tagen von den Medien entgegengebracht wurde, steht deren Einzug in den Bundestag unmittelbar bevor. Und auch nach den wütenden Angriffen der politischen Konkurrenz zu urteilen, können die Piraten schon einmal den Sekt kaltstellen.

Ausgangspunkt der aktuellen Aufregung waren die Reaktion des Grünen-Milieus auf das Interview, das der stellvertretende Piraten-Chef Andreas Popp der JUNGEN FREIHEIT gegeben hatte (JF 38/09). Der selbsternannte Internet-Guru Sascha Lobo war einer der ersten, die das Interview öffentlich kritisierten. Über seinen Twitter-Acount schrieb er wenige Tage nach der Veröffentlichung des Interviews: „Die Piraten publizieren auch in der JUNGEN FREIHEIT? Damit unwählbar“, und prophezeite der Partei kurze Zeit später, sich ihr eigenes Grab zu schaufeln. Ganz unvoreingenommen dürfte Lobo jedoch nicht gewesen sein: Schließlich ist der 34jährige Mitglied im Online-Beirat der SPD und unterstützt die Partei im Internetwahlkampf.

Richtig ins Rollen brachte die Kampagne Julia Seeliger in der Online-Ausgabe der taz, für die die ehemalige Grünen-Politikerin seit kurzem arbeitet. Vor ihrer Karriere als Journalistin gehörte die 30jährige zeitweise dem Berliner Landesvorstand der Partei an. Zudem genoß Seeliger den Ruf als grüne „Web 2.0-Pionierin“. Unter anderem gestaltete sie auch das Blog des Spitzenkandidaten der Grünen bei der Europawahl, Reinhard Bütikofer.

In ihrem eigenen Blog sammelte Seeliger bereits seit Anfang September Informationen über die Piratenpartei – angeblich für einen Artikel im Wahlblog der Grünen-nahen Heinrich-Böll-Stiftung. Seeligers Manöver gegen die Piraten in der taz stieß jedoch nicht nur auf Zustimmung. Mehr als 300 Leserkommentare erntete sie bislang für ihren Artikel – der Großteil davon fiel kritisch aus. Auch dem Parlamentarischen Geschäftsführer der Grünen im Bundestag, Volker Beck, ließ das Thema keine Ruhe. In zahlreichen Kommentaren schimpfte er via Twitter über die angeblich mangelnde Medienkompetenz der Piraten. Am „rechten Rand“ sei „Vorsicht geboten und eine klare Abgrenzung!“ Er frage sich, warum die Partei nicht einfach erkläre, der JF künftig keine Interviews mehr zu geben.

Daß es vor allem Grüne sind, die jede sich bietende Gelegenheit nutzen, um auf die neue Konkurrenz einzuschlagen, ist kein Wunder. Die Piraten gehen in Gewässern auf Beute, die von der politischen Linken, allen voran den Grünen, beansprucht werden. Wenn es um die Verteidigung der Freiheit der Bürger gegen den Zugriff des Staates geht, duldet die selbsternannte Bürgerrechtspartei keine Konkurrenz. Vor allem dann nicht, wenn diese so sexy daherkommt. Die Piratenpartei ist für die Jugend heute das, was die Grünen einst waren und immer noch gerne sein würden: Sie ist unverbraucht, alternativ, frech. Sie ist cool. Sie ist die Bionade der Parteienlandschaft.

Wer vom politisch interessierten Nachwuchs heute etwa für die Freiheit im Internet kämpft, tut dies unter dem Segel der Piratenpartei und nicht unter der Sonnenblume der Grünen. Das macht die Partei für die Grünen so gefährlich. Ihnen ist schmerzlich bewußt geworden, daß sie längst nicht mehr alle rebellischen Jugendströmungen integrieren können. Spätestens seitdem die Piraten bei der Europawahl  (0,9 Prozent) und der Landtagswahl in Sachsen (1,9 Prozent) für Aufmerksamkeit sorgten, schrillen alle grünen Allarmglocken. Der Alt-Grüne Hans-Christian Ströbele hat die Zeichen der Zeit erkannt. Die Piraten besetzten zweifelsfrei Themen, die bisher im wesentlichen von seiner Partei bearbeitet worden seien, sagte Ströbele auf tagesschau.de. Als Beispiele nannte er die Diskussionen um die Vorratsdatenspeicherung und mögliche Internetsperren. „Unser Ziel im Wahlkampf muß es jetzt sein, deutlich zu machen, daß diese Themen bei den Grünen besser aufgehoben sind als bei den Piraten“, warnte der Grünen-Politiker.

Bei aller medialen Aufregung ist fast untergegangen, daß die Piraten am Montag ihr Wahlprogramm präsentiert haben. Dabei wurde erneut die vielleicht größte Schwäche der Formation deutlich: Sie setzt auf ein Thema. Alles, was über das Thema Freiheit im Internet und den Kampf gegen das Urheberrecht hinausgeht, wirkt noch ziemlich unbeholfen und unausgegoren. Das kann sich mit der Zeit ändern. Doch für den Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde wird es aller Aufregung zum Trotz doch (noch) nicht reichen.

Weitere Berichte zur Piratenpartei sowie das Interview mit Andreas Popp im Internet unter www.jungefreiheit.de

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