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#Cartelltok: Handy statt Hinterzimmer

#Cartelltok: Handy statt Hinterzimmer

#Cartelltok: Handy statt Hinterzimmer

Angehörige einer Antidrogeneinheit nehmen in Costa Rica mehrere junge Verdächtige fest. Foto: picture alliance / dpa | COSTA RICA'S PUBLIC SECURITY POL
Angehörige einer Antidrogeneinheit nehmen in Costa Rica mehrere junge Verdächtige fest. Foto: picture alliance / dpa | COSTA RICA'S PUBLIC SECURITY POL
Angehörige einer Antidrogeneinheit nehmen in Costa Rica mehrere junge Verdächtige fest. Foto: picture alliance / dpa | COSTA RICA’S PUBLIC SECURITY POL
#Cartelltok
 

Handy statt Hinterzimmer

Kriminelle weltweit nutzen gezielt soziale Medien. Neben Selbstdarstellung und Luxusprahlerei geht es vor allem um Machtdemonstration und Nachwuchswerbung. Die Behörden können zwar auch mitlesen, die schnelle Dynamik der Online-Netzwerke stellt sie jedoch vor Probleme.
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Verrauchte Hinterzimmer, Männer in Anzügen und absolute Geheimhaltung. Das ist das Bild der Mafia, wie wir es aus Filmen wie „Der Pate“ kennen. Und tatsächlich: Lange Zeit bekam die Öffentlichkeit nicht viel davon mit, wie es in den berüchtigtsten Gangster-Clans der Welt zugeht. Das hat sich im Zeitalter der sozialen Medien geändert. Vor allem auf Tik Tok tummelt sich mittlerweile das kriminelle Milieu und schart zahlreiches Publikum um sich. Die Ziele der Banden sind dabei vielfältig, die Präsenz in jedem Fall gefährlich.

Die Inhalte der Videos sind unter Hashtags wie #cartelltok zu finden und stammen häufig aus Mittel- und Südamerika. Dort, wo seit Jahrzehnten blutige Kriege zwischen den rivalisierenden Drogenkartellen und den Regierungstruppen stattfinden, zeigen sich die Verursacher der Gewalt mittlerweile unverblümt vor der Kamera.

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Und das hat einen Grund: Während es lange Zeit als ungeschriebenes Gesetz galt, nicht in der Öffentlichkeit zu agieren, tritt mittlerweile eine neue Generation Gangster auf den Plan. Nachdem sich durch das frühe Internet erstmals Massenkommunikationswege für die Kriminellen ergaben, haben die sozialen Medien es noch einfacher gemacht, mit Hilfe von Hashtags und Algorithmen für das Verbrechen zu werben.

Die Nachkömmlinge von Drogenbossen wie El Chapo wissen sich dort gekonnt in Szene zu setzen. Sie protzen mit teuren Uhren, Luxuskleidung, Sportwagen oder klassisch mit Geldbündeln. Die Zurschaustellung des scheinbar sorgenlosen Lifestyles dient jedoch nicht nur dem Zweck der Selbstbeweihräucherung, sondern soll wie ein Magneteffekt auf die perspektivlose Jugend vieler süd- und mittelamerikanischer Staaten wirken. Deshalb prahlen nicht nur die führenden Köpfe mit ihrem Wohlstand, sondern auch einfache Laufburschen. Mit Geld oder Waffen in der Hand lassen sich auf Tik Tok nicht nur Tausende Klicks generieren, sondern vor allem: Nachwuchs.

Auch die Polizei kann mitlesen

Das scheinbar schnell verdiente Geld wirkt anziehend und bringt den Kartellen einen nie endenden Nachschub an Kanonenfutter. Daß so viel Öffentlichkeit in Kombination mit schweren Verbrechen allerdings auch die Gefahr birgt, schneller von der Polizei gefaßt zu werden, zeigt der Fall von Diego Optra aus dem Jahr 2019. Der Chef einer kolumbianischen Bande namens „La Local“ füllte sein Instagram-Profil fleißig mit Luxusinhalten wie Schmuck und verriet dabei Details wie seinen Aufenthaltsort, die laut kolumbianischer Polizei letztlich zu seiner Verhaftung führten.

Die Rekrutierung neuer Mitglieder ist jedoch nicht der einzige Grund für das mediale Treiben. Die kurzen Clips sind ebenso PR-Kanal für die Kriminellen, um den Beliebtheitswert in der allgemeinen Bevölkerung zu steigern. So wurden während der Corona-Pandemie etwa Lebensmittelverteilungen gefilmt und hochgeladen.

Die guten Taten sind nur ein Anwendungsbereich der PR-Arbeit. Nicht selten dienen die Videos der eigenen Machtdemonstration, entweder gegenüber rivalisierenden Kartellen und Banden oder der Polizei. So finden sich in den Clips immer wieder Pick-ups, die vollbeladen mit jungen, bewaffneten Männern durch die Straßen fahren.

Handy-Videos aus dem Knast

In Europa zeigt die Mafia ihre Stärke in anderer Form, denn natürlich ist die kriminelle Inszenierung kein rein amerikanisches Problem. In Italien etwa wurde 2020 ein Video aus dem Gefängnis Avellino nahe Neapel in den sozialen Medien verbreitet, das den Hochsicherheitstrakt des Gebäudes zeigt. Unterlegt wurde der Clip mit Tommy Riccios Lied „Si sto’ Carcerato“, was übersetzt soviel heißt wie „Ja, ich bin eingesperrt“.

Die Botschaft aus dem Gefängnis, in dem mehrere Mitglieder der berühmten Camorra inhaftiert sind, ist eindeutig: Selbst wenn ihr uns einsperrt, finden wir Mittel und Wege, um eure Schranken zu umgehen. Welche der unzähligen Gangster-Videos am Ende tatsächlich von Mitgliedern der Banden hochgeladen wurden, ist nicht festzustellen, schließlich tragen diese keinen Mitgliedsausweis mit sich oder kennzeichnen sich als die Verbrecher, die sie sind.

Nicht nur deshalb ist Tik Tok in dem Spiel so gut wie machtlos. Zwar versucht die Plattform immer wieder, Inhalte zu löschen, die unter bestimmte Hashtags fallen, allerdings lassen sich auch diese Hürden für die Gangster spielend leicht umgehen. Entweder werden die Videos unter neuen Kürzeln verbreitet oder sie sind bereits so weit gestreut, daß das Medium die Kontrolle über die Entfernung der Inhalte verliert. Daß die digitale Welt in naher Zukunft aus dem Dunstkreis der Kriminellen verschwindet, ist daher unwahrscheinlich.

Angehörige einer Antidrogeneinheit nehmen in Costa Rica mehrere junge Verdächtige fest. Foto: picture alliance / dpa | COSTA RICA’S PUBLIC SECURITY POL
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