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Begehrte Filmtrophäe: Die mit dem Oscar davonreitet

Begehrte Filmtrophäe: Die mit dem Oscar davonreitet

Begehrte Filmtrophäe: Die mit dem Oscar davonreitet

Jane Campion gewinnt den Oscar für die beste Regie Foto: picture alliance / Jordan Strauss/Invision/AP | Jordan Strauss
Jane Campion gewinnt den Oscar für die beste Regie Foto: picture alliance / Jordan Strauss/Invision/AP | Jordan Strauss
Jane Campion gewinnt den Oscar für die beste Regie Foto: picture alliance / Jordan Strauss/Invision/AP | Jordan Strauss
Begehrte Filmtrophäe
 

Die mit dem Oscar davonreitet

Das waren die Oscars 2022: Ein Gehörlosendrama ist der Sieger, Shakespeare allgegenwärtig und der Western wieder im Gespräch. Doch für die eigentliche Schlagzeile sorgte ein Vorfall abseits der Kinoleinwand.
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„The Power of the Dog“ ist der große Verlierer der diesjährigen Oscar-Verleihung im Hollywooder Dolby Theatre. Die moderne Pferdeoper von Jane Campion war in zwölf Kategorien nominiert. Wie vor ihr Kevin Costner für „Der mit dem Wolf tanzt“ (1990), Clint Eastwood für „Erbarmungslos“ (1992) und Ang Lee für „Brokeback Mountain“ (2005) durfte die Regisseurin zwar mit dem Regie-Oscar davonreiten; anders als ihren männlichen Kollegen gelang Campion mit ihrem Western jedoch nicht der ganz große Wurf. In allen anderen Kategorien ging der Wettbewerbsbeitrag der Neuseeländerin leer aus. Eine Fischerfamilie lief den harten Männern aus dem Montana des Jahres 1925 den Rang ab: Die Tragikomödie „CODA“ wurde als bester Film des Jahres geehrt und gewann in zwei weiteren Kategorien.

Will Smith gewann als „King Richard“ den Oscar. Der 1968 in Philadelphia zur Welt gekommene Mime, der vor zwanzig Jahren mit seiner Rolle als Muhammad Ali bereits ein heißer Anwärter auf den begehrten Goldjungen gewesen war, brilliert in „King Richard“ als ehrgeiziger Vater von Venus und Serena Williams, den erfolgreichsten Geschwistern der Tennisgeschichte.

Smith hatte an dem Abend bereits vor dem Empfang des Oscars einen starken Auftritt: Für einen blöden Witz über seine Frau Jada Pinkett Smith züchtigte der Oscar-Gewinner seinen Kollegen Chris Rock mit einer Ohrfeige. Unter Tränen erklärte Smith nach dem Empfang des Filmpreises seinen Ausraster mit den Worten: „Ich bin dazu berufen, Menschen zu lieben und zu beschützen.“

Schauspieler Will Smith (r.) ohrfeigt den Komiker Chris Rock bei der Oscar-Verleihung Foto: picture alliance / Chris Pizzello/Invision/AP | Chris Pizzello
Schauspieler Will Smith (r.) ohrfeigt den Komiker Chris Rock bei der Oscar-Verleihung Foto: picture alliance / Chris Pizzello/Invision/AP | Chris Pizzello

Netflix hat sich in Hollywood etabliert

Als beste weibliche Hauptdarstellerin setzte sich Jessica Chastain für ihre Rolle der Fernsehpredigerin Tammy Faye Bakker in „The Eyes of Tammy Faye“ gegen namhafte Konkurrentinnen wie Nicole Kidman und Penélope Cruz durch.

Für Jane Campion, die thematisch an ihr Liebesmelodram „Das Piano“ (1993) anschloß, ist es bereits der zweite Oscar. Wie in ihrem Erfolgsfilm, 1994 mit dem Drehbuch-Oscar prämiert, muß sich in der Netflix-Produktion eine sensible Frau in einer rauhen, erbarmungslosen Männerwelt behaupten. Die diesjährige Preisverleihung ist nach der Corona-Sparausgabe im vergangenen Jahr einerseits Ausdruck der Rückkehr zur alten Normalität, andererseits aber auch der Ausdruck einer neuen Normalität, in der Digital-Dienstleister wie Netflix und Apple der guten alten Kinoleinwand zusehends den Rang ablaufen. Immer mehr Filme starten nämlich wie der zwölffach nominierte Western als Produktionen von Streaming-Portalen auf dem Flachbildschirm daheim.

Das gilt auch für den Siegerfilm „CODA“, der bei Apple TV+ im Angebot ist. Die vier Buchstaben des Titels stehen für „child of deaf adults“, also Kind tauber Eltern und beschreiben das Schicksal der 17jährigen Ruby, die für ihre taubstummen Eltern das Leben meistern muß. „CODA“ ist die US-Version des französischen Erfolgsfilms „Verstehen Sie die Béliers?“ (2014) und hatte sich bereits am Abend der Gala in den Kreisen der Geladenen und der berichtenden Presse als heimlicher Favorit etabliert, so daß schließlich keiner mehr wirklich davon überrascht war, daß die heiter-besinnnliche Geschichte aufwendige Megaproduktionen wie „Dune“ oder den Mitfavoriten „The Power of the Dog“ hinter sich ließ.

„Macbeth“ geht leer aus

Regisseurin Siân Heder, die auch für ihre Drehbuchadaption ausgezeichnet wurde, ist es nach Ansicht der Preisverleiher fabelhaft gelungen, den Charme des französischen Originals in die amerikanische Provinz zu verfrachten. Einen dritten Academy Award erhielt „CODA“ für die Leistung von Troy Kotsur, der als bester Nebendarsteller geehrt wurde.

Ebenfalls auf Apple TV+ startete Anfang Januar die Neuauflage des Shakespeare-Klassikers „Macbeth“ mit Denzel Washington, der wie Gewinner Will Smith als bester Hauptdarsteller im Rennen war. Nach Orson Welles und Roman Polanski versuchte sich diesmal Joel Coen an dem zeitlosen Drama um einen überambitionierten Thronprätendenten und die treibende Kraft hinter ihm, die skrupellose Lady Macbeth. Coen wurde bereits für „No Country for Old Men“ (2007) mit dem Oscar prämierte. In drei Kategorien nominiert, ging „The Tragedy of Macbeth“ jedoch leer aus.

Noch einmal Shakespeare: „West Side Story“, die Musical-Adaption von „Romeo und Julia“, heimste 1962 bei der Preisverleihung sagenhafte zehn Academy Awards ein. Daran hätte Steven Spielberg mit seiner ideenlosen Neuinterpretation gern angeknüpft. Haufenweise Oscars hatte ein Hollywood-Experte für die musikalisch und choreographisch furiose Klassiker-Rekonstruktion vorhergesagt, sieben Mal war das Filmsingspiel nominiert. Am Ende blieb nur der für die beste Nebendarstellerin (Ariana deBose) übrig. Der Regisseur filmhistorischer Meilensteine wie „Die Farbe Lila“ (1985) oder „Schindlers Liste“ (1993) gehört damit ebenfalls zu den großen Verlierern des Abends.

Auf „Dune“ lasteten große Erwartungen

Spielbergs „West Side Story“ ist tatsächlich kaum mehr als eine souveräne Transferleistung: die Überführung des zeitlosen Stoffes und der unverwechselbaren Musik von Leonard Bernstein in das Kino des 21. Jahrhunderts mit seinen phänomenalen visuellen Möglichkeiten. Daß für einen wahrhaft großen Film etwas mehr Mut nötig ist, bewies 1998 der Neuaufguß von Hitchcocks „Psycho“ als Farbfilm – ein Riesenreinfall.

Mit Shakespeares „Henry V.“ startete vor über drei Jahrzehnten die Karriere von Kenneth Branagh, dessen Film „Belfast“ ebenfalls zum Favoritenkreis zählte. Die auf Zelluloid gebannten Jugenderinnerungen des Regisseurs an Straßenkämpfe Ende der Sechziger in der nordirischen Metropole hatte zwar in den Hauptkategorien das Nachsehen. Der Brite durfte dafür aber den Oscar für das beste Originaldrehbuch mit nach Hause nehmen.

Große Erwartungen lasteten auf „Dune“, dem Versuch von „Blade Runner 2049“-Regisseur Denis Villeneuve, der hochkomplexen Buchvorlage von Frank Herbert neues Kinoleben einzuhauchen. An dem Science Fiction-Epos, von dem sich auch George Lucas bei der Erfindung seiner „Krieg der Sterne“-Saga inspirieren ließ, versuchte sich 1984 bereits Kultregisseur David Lynch – erfolglos. Villeneuve nimmt sich mehr Zeit: Sein Film ist mit zweieinhalb Stunden länger als der von Lynch und erzählt trotzdem nur den ersten Teil der Geschichte. Fortsetzung folgt.

Zwei Deutsche gewinnen Oscars

Die bildgewaltige Öko-Parabel kam zwar beim visuell beeindruckbaren Massenpublikum blendend an und konnte erst durch den neuen Bond vom Thron der Kino-Hitparade gestoßen werden. Für die Oscar-Jury indes war ein Film ohne richtiges Ende offenbar nicht das Richtige: „Dune“, zehn Mald nominiert, mußte sich begnügen mit Auszeichnungen in Nebenkategorien, ein Schicksal, das pompöse Mammutproduktionen häufig ereilt. Immerhin: Auch zwei Deutsche kamen so zu Oscar-Ehren: Hans Zimmer für die Filmmusik und Gerd Nefzer für seine Mitwirkung an den Spezialeffekten. Mit insgesamt sechs Preisen braucht sich „Dune“ auch nicht als Verlierer zu fühlen.

Die vielen Preisträger sind für Gender- und Frauenrechtsbesorgte wie üblich allerdings nur Nebensache. Viel wichtiger ist die Nachricht, daß die 94. Krönungszeremonie der amerikanischen Filmbranche ausnahmslos von Frauen moderiert wurde. Die drei Damen – Amy Schumer, Regina Hall und Wanda Sykes – lieferten für diese ungewöhnliche Wahl eine absolut plausible Erklärung: Drei Frauen seien billiger als ein Mann.

Jane Campion gewinnt den Oscar für die beste Regie Foto: picture alliance / Jordan Strauss/Invision/AP | Jordan Strauss
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