BERLIN. Das Vertrauen der Deutschen in die Medien ist in der Corona-Krise gesunken. Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Allensbach sehen 40 Prozent der Befragten „die Berichterstattung der Medien jetzt kritischer als vor der Krise“, sagte Allensbach-Chefin Renate Köcher dem Handelsblatt. „Das fand ich bemerkenswert, da die Medien in den ersten Wochen der Krise, als der Informationsbedarf besonders groß war, ein sehr positives Zeugnis ausgestellt bekamen.“
Als Erklärung hierfür nannte Köcher den langen Zeitraum, in dem die Corona-Krise schon andauere. „Wenn ein Thema über viele Monate dermaßen dominiert und Ängste stimuliert, stumpft fast zwangsläufig ein Teil ab, während andere psychisch außerordentlich belastet werden“, erläuterte die Allensbach-Chefin.
Spaltung der Gesellschaft in Corona-Gewinner und Corona-Verlierer
Das Fernsehen spiele in dem Zusammenhang eine größere Rolle als die Printmedien. Hinzu komme, daß der Informationsnährwert der Corona-Berichterstattung mittlerweile überschaubar sei. „Ich persönlich vermisse mehr genuine Neugierde, zum Beispiel insistierende Fragen an Politik und Wissenschaft.“
Köcher warnte zudem vor einer Spaltung der Gesellschaft in Corona-Gewinner und Corona-Verlierer. „Die gibt es schon. Das wird in der öffentlichen Debatte nur kaum sichtbar, da diejenigen, deren Existenz zurzeit auf dem Spiel steht, sich nicht hörbar zu Wort melden, sondern nur noch verzweifeln.“
Die staatlichen Hilfen seien bisher überwiegend nur Versprechen, während viele kleine Selbstständige nicht mehr wüßten, wie sie ihre Mieten bezahlen sollen. „Die Krise zeigt beunruhigende Leistungsdefizite der staatlichen Verwaltung“, kritisierte sie. (krk)