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„Framing-Manual“: Wer das „Gemeinwohlmedium“ kritisiert, ist „Demokratiegefährder“

„Framing-Manual“: Wer das „Gemeinwohlmedium“ kritisiert, ist „Demokratiegefährder“

„Framing-Manual“: Wer das „Gemeinwohlmedium“ kritisiert, ist „Demokratiegefährder“

ARD-„Framing-Manual“
ARD-„Framing-Manual“
ARD-„Framing-Manual“: „Immer in Form von moralischen Argumenten“ Foto: ARD / picture alliance/Felix Hörhager/dpa / JF-Montage
„Framing-Manual“
 

Wer das „Gemeinwohlmedium“ kritisiert, ist „Demokratiegefährder“

Darf ein öffentlich-rechtlicher Sender für sich werben und die dafür passenden Worte suchen? Ja, aber nicht mit einem Vokabular, wie es die ARD gerade mit ihrem „Framing-Manual“ macht. Das Propaganda-Handbuch grenzt teilweise an marxistische Dialektik und stellt selbst im politischen Meinungskampf eine Grenzüberschreitung dar.
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Die ARD heißt jetzt „Gemeinwohlmedium“. Und die Zwangsabgabe, die jeder Haushalt entrichten muß, auch wenn niemand die Programme konsumiert, wird nun „Rundfunkkapital der Bürger“ genannt, das die ARD nur „verwaltet“. Mit einer neuen Sprache, modern „Framing“ genannt, soll sie nun kein öffentlich-rechtlicher Sender mehr, sondern „unser gemeinsamer, freier Rundfunk“ sein. Und ihre Kritiker sind „Demokratiegefährder“.

Für ein üppiges Honorar von 120.000 Euro – laut Bild-Zeitung – hat die in Kalifornien tätige Sprachwissenschaftlerin Elisabeth Wehling ein „Framing-Manual“ erstellt, mit dem die ARD-Mitarbeiter den Kritikern einheizen sollen. Dabei verheddert sich das Papier allerdings auch in Stilblüten. Denn neuerdings bekennt sich der Sendeverbund praktisch zum beliebten Kritiker-Vorwurf des „betreuten Denkens“. Im ARD-Sprech heißt das nun „Kontrollierte Demokratie statt jeder wie er will“. Das wenigstens scheint ehrlich zu sein.

Ähnlich vieler Beiträge in Nachrichtensendungen stehen nun auch bei der Rechtfertigung der oft zweifel- und lückenhaften journalistischen Arbeit nicht die Fakten im Vordergrund. Kommunikation solle vielmehr „immer in Form von moralischen Argumenten stattfinden“. Wenn es on Air funktioniert, die Zuschauer auf diese Weise einzuwickeln, warum dann nicht auch im Streit mit Menschen, die nicht ganz so begeistert von dem sind, was sie für ihre 210 Euro im Jahr geboten bekommen?

Das Urteil „Demokratiegefährder“ stellt eine Grenzüberschreitung dar

Für diese Menschen wiederum findet das Manual – um es geschmeidig auszudrücken – nicht die freundlichsten Worte. Die Rede ist von „Demokratiegefährdern“. Das interne Papier fällt damit ein Urteil, das selbst im politischen Meinungskampf eine Grenzüberschreitung darstellt. Als von jedem Haushalt bezahlter Rundfunk ist diese Polemik mehr als das. Es ist eine Diffamierung schlimmster Sorte, die die ARD als das entlarvt, was nicht wenige monieren: einen einseitigen, kritikunfähigen, stimmungsmachenden Apparat. Die überproportionale Vertretung, ja beinahe Verherrlichung in Nachrichtensendungen und Talkshows von Politikern einer Partei, die vor anderthalb Jahren bei der Bundestagwahl lediglich 8,9 Prozent der Wählerstimmen errang und damit die kleinste Fraktion stellt, ist dafür nur ein Beleg.

Überhaupt zieht sich das Freund-Feind-Denken durch viele Passagen des Papiers. Hier die ARD als Ausdruck von Demokratie, dort die „Profitzensur“-Medien. Wehling meint damit privatwirtschaftliche Publikationen wie den Spiegel, die Welt, die Junge Freiheit sowie die Privatsender RTL, Sat1 oder n-tv. Alles andere als die ARD und vielleicht noch das ZDF sei „Informationsanarchie“. Und der muß man unseren „gemeinsamen Rundfunk“ entgegensetzen – so steht es dort wörtlich.

Unpassendes Vokabular

Daß ein Sender für sich werben will und dafür die passenden Worte sucht, ist durchaus legitim. Was dieses Papier aber illegitim macht ist das eben unpassende Vokabular. Und dabei geht es nicht nur um die Beschimpfungen von Kritikern und Konkurrenten. Ein Sender, bei dem Journalisten den Ton angeben, die penibel nach Parteibuch oder zumindest Parteinähe ausgesucht werden, ist kein „gemeinsamer“ und schon gar kein „freier“ Rundfunk. In den Landesrundfunkräten, den obersten für die Programmkontrolle (!) zuständigen Aufsichtsgremien sitzen Parteipolitiker. Die Krönung: Ulrich Wilhelm war bis 2010 fünf Jahre Sprecher der Merkel-Regierung. Im selben Jahr wurde er ARD-Vorsitzender. Stichwort: „Kontrollierte Demokratie“. Wilhelm herrscht über elf TV-, 55 Hörfunk- Sender sowie über zahllose Internetprogramme, von denen der stramm linke Jugendkanal „Funk“ nur einer ist.

Hinzu kommt in dem Manual der Duktus der moralischen Überheblichkeit, mit der die ARD in den Status des Allmächtigen gehoben wird. Der kirchlichen Inquisition gleich ist jede Abweichung eine Art von Blasphemie. Vor allem erschüttert die Haß-Sprache, mit der das Manual sowohl auf Kritiker („stecken sich das Geld in die eigene Tasche“) als auch auf Mitbewerber („Wankelmut eines entdemokratisierten Rundfunksystems“), die kein „Rundfunkkapital der Bürger verwalten“, losgeht. Motto: Wer nicht für uns ist, ist gegen uns – und damit gegen Demokratie und Freiheit. Der Blogger Don Alphonso spricht in der Welt davon, daß ein „Gefühl wie im Staatsrat der DDR beim Absingen der Internationale“ erzeugt werde. Er vergleicht das Manual mit einer „Dienstanweisung der SED zum Kampf gegen den Klassenfeind“.

Das grenzt an marxistische Dialektik

Immerhin verdanken wir dem Handbuch das erstmalige Eingeständnis, wie wenig die ARD berichten, sondern vielmehr Stimmung machen möchte: „Die Arbeit der ARD ist von moralischen Prinzipien getragen. Die ARD setzt sich für bestimmte Dinge ein, weil sie von ihrer moralischen Notwendigkeit für das gesellschaftliche Miteinander überzeugt ist.“ Was diese „bestimmten Dinge“ sind, kann allabendlich in der „Tagesschau“ gesehen werden: Gegen Trump, gegen die AfD, gegen die „Gelbwesten“ – für offene Grenzen, für Diesel-Fahrverbote, für Merkel und die Grünen.

Wenn aus dieser journalistischen Wagenburg dann das Framing „Am freien Rundfunk zerplatzt jeden Tag um 20 Uhr die Filterbubble“ kommt, klingt das nicht nur wie Hohn, sondern zeigt, wie stark die Filterblase inzwischen ist, in der sich die ARD befindet. Ein weiterer Schenkelklopfer in diesem Zusammenhang ist die Parole: „Demokratie statt rechenschaftsfreier Echokammern“.

An marxistische Dialektik grenzt das Wehklagen darüber, daß von den ARD-Gegnern die „ehrliche Sprache (der ARD-Mitarbeiter, die Red.)zunehmend als ‘politische Korrektheit’ diffamiert wird“. Das Gegenteil ist richtig: Jeder, der anders als die „moralischen Prinzipien“ des öffentlich-rechtlichen Rundfunks spricht und damit die vom Sender festgelegte politische Korrektheit verläßt, wird ausgegrenzt und zur Persona non grata gemacht.

Eigentlich sollte das Propaganda-Handbuch geheim bleiben. Auf Anfrage des Branchendienstes „Meedia“ teilte die ARD mit, es handle „sich um Unterlagen, welche wir intern als Denkanstoß und Diskussionsgrundlage nutzen. Auch aus urheberrechtlichen Gründen können wir diese nicht veröffentlichen.“ Dennoch gelangte es an die Öffentlichkeit. Inzwischen hat es netzpolitik.org für jedermann einsehbar veröffentlicht.

ARD-„Framing-Manual“: „Immer in Form von moralischen Argumenten“ Foto: ARD / picture alliance/Felix Hörhager/dpa / JF-Montage
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