Im Vorfeld schien es eigentlich nur einen wirklich guten Grund zu geben, sich die neueste Ausgabe von „maischberger.die woche“ am gestrigen Mittwoch abend anzuschauen: Der angekündigte Auftritt von Friedrich Merz. Die Redaktion spannte den Zuschauer aber zunächst ein wenig auf die Folter. Bevor der Stargast die Talkshow-Arena betrat, plauderte die Runde erst einmal, in wenig mitreisender oder interessanter, geschweige denn unterhaltsamer, Art und Weise über die Themen der Woche.
Der stellvertretende Chefredakteur der Bild-Zeitung, Nikolaus Blome, erklärte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) wegen dessen gescheiterten Maut zum Verlierer der Woche. Markus Feldenkirchen vom Spiegel holte sich einen sehr, sehr billigen Zwischenapplaus ab, indem er die Frauenfußballnationalmannschaft zum Sieger der Woche kürte. Noch sicherer wäre ihm der politisch korrekte Jubel des Publikums wohl nur noch gewesen, wenn er gesagt hätte, wie toll er Greta Thunberg findet.
So belanglos plätscherte die Gesprächsrunde eine Weile vor sich hin, während immer mal wieder darauf hingewiesen wurde, daß es gleich doch noch spannend werden würde, weil ja Friedrich Merz kommen solle. Feldenkirchen gab Annegret Kramp-Karrenbauers „haarsträubenden“ Fehler in der Außendarstellung die Schuld für deren tief gesunkenen Beliebtheitswerte; und die Hauptstadtjournalistin Kristina Dunz machte Werbung für ein Buch, das sie über die CDU-Chefin geschrieben hat.
Merz pflichtet Tauber bei
Dann war es aber endlich so weit. Der Mann, der für viele der strahlender Hoffnungsträger einer konservativen Renaissance innerhalb der CDU ist, war da. Im Einzelgespräch mit der Moderatorin, abseits der restlichen Gesprächsrunde, dürfte die „konservative Lichtgestalt“ aber für so manchen ihrer Fans wieder einmal ein wenig von ihrem Glanz verloren haben.
Nicht einmal zu der ihm von Maischberger vorgehaltene Forderung, die CDU müsse wieder konservativer werden, um zurück in die Erfolgsspur zu kommen, wollte Merz sich noch bekennen. „Das hört sich ja an, als ob ich gesagt hätte, die CDU müsse nach rechts rücken“, wehrte sich der vermeintliche Hardliner.
Sogar Peter Taubers (CDU) Forderung, „Rechten“ beziehungsweise Asylkritikern die Bürgerrechte zu entziehen, teile er, ließ der Sauerländer die Moderatorin auf Nachfrage wissen, und warf unter anderem Erika Steinbach vor, zu einer „Verrohung der Sprache“ beigetragen zu haben. Auch das Einreihen der CDU in die Einheitsfront der Linksparteien von Görlitz zur Verhinderung eines AfD-Bürgermeisters, lobte Merz.
Der als „Anti-Merkel-Rebell“ geltende Vermögensverwalter wirkte irgendwie gar nicht mehr so viel anders als die Taubers, Kramp-Karrenbauers und Volker Kauders in der Union. Seine Abgrenzung gegen Rechts dürfte jedenfalls nicht wenige seiner Fans erst einmal ausgeschlossen beziehungsweise abgeschreckt haben. Seiner Forderung nach einem staatlichen Zwang zur kapitalgedeckten privaten Altersversorgung sollte dann auch noch jeden echten Wirtschaftsliberalen im Merz-Lager ernsthaft ins Zweifeln gebracht haben, ob ihr Wunschkanzlerkandidat wirklich der große freiheitliche Rechtskonservative ist, für den viele ihn halten.
Plumpe Phrasen gegen Rechts
Die Tatsache, daß Friedrich Merz im Gespräch natürlich in vielen Punkten vernünftige und, wie Joachim Gauck sagen würde, „schwer konservative“ Positionen einnahm, kann und sollte diese Zweifel nicht einfach so wegwischen. Denn auch wenn er die die Asylpolitik von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und deren Gerede von der „Alternativlosigkeit“ in der Eurofrage weiterhin konsequent kritisiert, und sogar die Wichtigkeit von Themen wie Heimat und Nation betont, muß man sich doch zumindest fragen, was Merz mit seinen plumpen Phrasen gegen Rechts und seinem Liebäugeln mit Repressionen gegen die AfD sowie einem stärkeren Staat bezweckt.
Steckt dahinter wirklich seine wahre Überzeugung oder sieht der CDU-Mann darin nur ein wirksames Mittel, um einem direkten Konkurrenten den Gar auszumachen; und was wäre eigentlich schlimmer?
Vielleicht versucht der potentielle Kanzlerkandidat nach den Shitstorms, die er in der Vergangenheit auslöste, nun aber auch nur verzweifelt Everybody’s Darling zu sein. Sollte dem tatsächlich so sein, kann man ihm nur die Worte des vielleicht letzten großen konservativen Kanzlerkandidaten der Union, Franz Josef Strauß, ans Herz legen: „Everybody’s Darling, everybody’s Depp.“ Kanzler, das muß man auch eingestehen, ist der allerdings nie geworden.