Die Geschichten vom Indianerhäuptling Winnetou und seinem „Blutsbruder“ Old Shatterhand sind Geschichten über eine Freundschaft, die über alle kulturellen Unterschiede und Rassengrenzen hinweg besteht. Sie mahnen zu Toleranz, Verständigung und Frieden.
Eigentlich alles Werte, die sowohl den Gutmenschen als auch den wirklich guten Menschen gefallen müßten. Nun bleibt offen, wie sich Frau Mita Banerjee selbst charakterisieren würde. Die Professorin für Amerikanistik am „Obama Institute for Transnational American Studies“ findet die Abenteuerromane von Karl May jedenfalls gar nicht gut. Pünktlich zu Beginn der Festspiele in Bad Segeberg und Elspe, wollte sie dies nun auch einmal alle wissen lassen.
Gegen Andersdenkende wird es schon mal handgreiflich
So wie der große Häuptling der Apatschen dort gezeigt wird, dürfe man ihn heute nicht mehr darstellen, sagt sie. Das Bild, daß bei den Freilichtspielen erzeugt wird, sei „kolonialistisch, klischeehaft und wirklichkeitsfern“. Die Dame hätte auch sagen können: „Eine fiktionale Geschichte ist kein Tatsachenbericht.“ Aber das wäre natürlich zu profan für eine Professorin.
Würde sie Winnetou einfach als erfundene Romanfigur betrachten, und entspannt als solche annehmen, könnte das zudem die eigene Empörung schmälern. Aber um sich nicht zu empören, hat die Gute nicht studiert. Im Gegenteil. Banerjee hat die politisch korrekte Schnappatmung von der Pike auf gelernt.
Von 2000 bis 2002 war sie Emmy-Noether-Stipendiatin der Deutschen Forschungsgemeinschaft und als Research Fellow an der University of California in Berkeley tätig. Die US-Universität ist sowas wie das Mekka der „Social Justice Warriors“. Hier wissen schon die Erstsemester bei jedem Thema, welche Ansichten die politisch, gesellschaftlichen und „wissenschaftlich“ einzig richtigen sind. Berkeley ist eine geistige Wagenburg des akademischen Linksextremismus. Wenn Andersdenkende den Campus betreten, dort vielleicht sogar ihre ketzerischen Thesen verbreiten wollen, führt das auch gerne mal zu Krawallen.
Klischeehaftes Bild vom Indianer
Den Geist von Berkeley hat die Professorin offenbar mit nach Hause nach Mainz gebracht. Im Interview mit der Bild-Zeitung sagt sie: „Wenn in den USA erst indianische Kulturen zerstört wurden und dann hauptsächlich ein klischeehaftes Bild von ‘dem Indianer’ zirkuliert, nimmt man Menschen indigener Herkunft ihre Selbstbestimmung.“ Man kann sich vorstellen, wie sehr die Frau in der Karnevalshochburg mit den Menschen indigener Herkunft mitleidet, wenn in der närrischen Zeit mal wieder die klischeehaften Indianer zu Dutzenden durch die Mainzer Innenstadt zirkulieren. Weiß sie doch, wie sehr es „schadet, daß ausschließlich ein fiktionales Bild vom Indianer wiederholt vervielfältigt wird und unsere reale Vorstellung prägt“.
Über all das macht sich der gemeine Karnevalist natürlich keine Gedanken. Vermutlich genauso wenig, wie der, angesichts der schlimmen Situation der Indianer und der ganzen Welt, oft politisch unkorrekt gut gelaunte Zuschauer bei den Karl-May-Festspielen. Wobei dem Besucher in Bad Segeberg längst schon die Möglichkeit geboten wird, sich die gute Laune zu verderben, indem er sich im Rahmenprogramm über die „bittere Realität der Vergangenheit und Gegenwart der Indianer“ informiert, wie die dortige Geschäftsführung betont.
Daß die Festspiele abgeschafft werden, will die Mainzer Professorin, die auch selbst in Mainz studierte, übrigens nicht. Sie fände es aber bedenklich, wenn die Wirklichkeit und der Dialog mit den heutigen Indianern weniger Gehör bekämen als der Respekt vor Karl Mays prägenden Romanen. Auch das ist Berkeley in Reinkultur. Alles soll den Befindlichkeiten einiger weniger und den derzeit gültigen Maßstäben der Political Correctness angepaßt werden. Bei Rechten nennt man sowas „Kultur-Chauvinismus“, bei Linken „Kultursensibilität“.
Die Social Justice Taliban haben dazugelernt
Die neuen Weltverbesserer haben gegenüber ihren Vorgängern aus sämtlichen ideologischen Lagern enorme Fortschritte gemacht. Bücher werden in der modernen Meinungsdiktatur nicht mehr verbrannt, sondern lediglich verbannt oder, dem neuen Zeitgeist entsprechend, umgeschrieben. „Überholte“ Kulturgüter sprengt der tolerante Social Justice Taliban in der Regel nicht mehr weg, sondern läßt sie rückstandslos entfernen; und unliebsame Bühnenkünstler bekommen keine offiziellen Auftrittsverbote mehr, sondern dürfen einfach nur nicht mehr auftreten.
Auch im Falle von Winnetou wird sich sicherlich ein Kompromiß zwischen Zensur und Repression finden. Neue Texte, ein neues Outfit und vielleicht ein Flüchtlingshintergrund oder ein Transgenderschicksal in der Biografie des alten Silberbüchsenträgers, und schon ist die Welt wieder in Ordnung. Rettet Winnetou! Werdet Freunde!