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Filmtipp: „Vorstadtrocker“: Keine Frau will einen Waschlappen

Filmtipp: „Vorstadtrocker“: Keine Frau will einen Waschlappen

Filmtipp: „Vorstadtrocker“: Keine Frau will einen Waschlappen

Viktor und Alex sitzen mit ihrer Tochter beim Essen Foto: NDR/Weydemann Bros. GmbH
Viktor und Alex sitzen mit ihrer Tochter beim Essen Foto: NDR/Weydemann Bros. GmbH
Viktor und Alex sitzen mit ihrer Tochter beim Essen Foto: NDR/Weydemann Bros. GmbH
Filmtipp
 

„Vorstadtrocker“: Keine Frau will einen Waschlappen

Waffen, Drogen, Prostitution – das war die Welt des Reporters Viktor. Jetzt schmeißt er den Haushalt, während seine Frau arbeiten geht. Das kann nicht gutgehen. Tut es auch nicht – jedenfals nicht in der unterhaltsamen Komödie der Nachwuchsregisseurin Martina Plura.
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Nachdem ein Enthüllungsmagazin dem Journalisten Viktor (Fabian Busch) gekündigt hat, kämpft sich dieser als Hausmann und Familienvater durch den Alltag. Umso besser, denn er wollte sich ohnehin dem „seriösen“ Reporterdasein widmen. Währenddessen sorgt Ehefrau Alex (Lisa Wagner) als Tierärztin für den Lebensunterhalt, was den Haussegen in Wanken versetzt, schließlich möchte Viktor seiner Rolle als Verdiener nachkommen. Hierfür benötigte er jedoch mehr freie Zeit: Kleinkind Nele sowie etliche Hausarbeiten halten ihn auf Trapp.

Die Einöde ändert sich allerdings, als Rolf Neumann (Aljoscha Stadelmann) auf seinem Motorrad vorfährt und ins Haus nebenan einzieht. Viktor erkennt in ihm Rolf Olsen, das totgeglaubte Mitglied einer kriminellen Rockerbande, und sieht darin die lang ersehnte Chance sowohl für eine Geschichte als auch dafür, sich selbst zu behaupten.

Viktor reist ins Hamburger Nachtleben

Um stichfeste Beweise zu sammeln, freundet sich der biedere Viktor mit dem feuchtfröhlichen Rocker an, der ihn kurzerhand das Hamburger Nachtleben neu entdecken läßt: „Es war nur eine Nacht, aber in einer Nacht mit Rolf erlebst du mehr als in dreihundert normalen Nächten. Leider alterst du auch genauso schnell.“ Zwischen Drogen, Prostitution, Einbruch, unerlaubtem Schußwaffeneinsatz findet sich der Journalist bald selbst inmitten des Geschehens. Nach den Turbulenzen wundert es den Zuschauer dann nicht mehr, wenn Viktors Ehe auf der Kippe steht.

Außerdem reichen die gesammelten Beweise nicht aus, um sie als Sensation auf das Titelblatt zu bringen. Viktors alte Regel aus seiner Zeit im Schmuddeljournalismus lautete immer, daß eine gute Story mindestens zwei der fünf Punkte aus dem Akronym PENIS (Prostitution, Erpressung, Narkotika, Illegales Glücksspiel und Schußwaffen) enthalten müsse.

Eigenwiliger, norddeutscher Humor

Kann dem durch „Veränderung“ der Tatsachen nicht Abhilfe geschaffen werden? In welchem Verhältnis stehen Skrupel und die Gier nach Erfolg? Die Handlung nimmt eine überraschende Wende, als Mißverständnisse aufgeklärt werden und die feindselige Rockerbande auf Rolf aufmerksam wird.

Die Komödie besticht durch ihren eigenwilligen Humor, der das norddeutsche Klima widerspiegelt: etwas rau und doch herrlich frisch. Das Augenmerk liegt dabei weniger auf der Lebensweise in der Vorstadt, die kaum angeschnitten wird, als auf der Männer- bzw. Frauenrolle. Wie wirkt es sich auf das Eheleben aus, wenn der Mann den Haushalt wirft und die Frau arbeiten geht? Das Klischee „Frau am Herd – Mann auf der Arbeit“ wird umgedreht, was das Resultat umso interessanter macht: Viktor scheint „entmännlicht“ zu sein. Angefangen bei dem lieblichen Kosenamen „Vicky“, der albern klingt und den Zuschauer an die Zeichentrickserie „Vicky – der Wikinger“ erinnert.

Auch die schüchterne und zaghafte Stimme kann mit der kräftig dunklen Stimme des Rockers nicht mithalten und es scheint geradezu lachhaft, daß Viktor, nachdem seine Frau die Polizei wegen Ruhestörung in der Nacht gerufen hat, sich hinter dem Vorhang versteckt. Hervorgehoben wird die gesamte Komik durch den Ort: Einzelhäuser, die um einen kleinen Tümpel gruppiert sind. Morgens strömen nur Männer – und Ehefrau Alex – aus den Häusern, um sich zur Arbeit zu begeben.

Die Männlichkeit wird auf die Probe gestellt

Doch die wahre Männlichkeit wird auf die Probe gestellt, als es darum geht, zu beweisen, was die Freundschaft zwischen Rolf und Viktor wert ist. Infolgedessen erlangt sie eine neue Bedeutung. Nichtsdestoweniger dürfte der Spielfilm zeigen, daß keine Frau einen Waschlappen zu Hause haben möchte. Ein bißchen Rüpelhaftigkeit gehört allem Anschein nach zum Wesen eines Mannes, macht ihn vollwertig und liebenswürdig.

Die Handlung weist ebenfalls Merkmale eines Krimis vor und beinhaltet mehrere Spannungsmomente, in denen der Zuschauer dazu geneigt ist, vor Schreck den Atem anzuhalten. Ein Film, der allein schon deshalb sehenswert ist, weil es sich hierbei um eine deutsche Komödie handelt, die dem Trend, nur noch amerikanische Produktionen ins deutsche Fernsehprogramm aufzunehmen, entgegenwirkt. Das Besondere bleibt die gespannte Beziehung zwischen Mann und Frau, zwischen Komik und Ernsthaftigkeit, zwischen Klischee und Wirklichkeit.

Vorstadtrocker läuft am Donnerstag um 22 Uhr im NDR.

Viktor und Alex sitzen mit ihrer Tochter beim Essen Foto: NDR/Weydemann Bros. GmbH
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