ULM/SIEGEN. Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Annette Kurschus, muß sich harten Vorwürfen im Zusammenhang mit einem Mißbrauchsskandal erwehren. Demnach soll sie seit langer Zeit wissen, daß sich ein enger Vertrauter von ihr an Jungen vergangen haben soll. Doch darüber verlor die 60jährige, die sich sonst zu vielen gesellschaftlichen Themen äußert und kürzlich erst die Aufnahme von noch mehr Migranten forderte, kein Wort.
Ein Kirchenmitarbeiter aus Siegen soll junge Männer zu sexuellen Handlungen gedrängt haben, berichtet die Siegener Zeitung – und auch daß Kurschus seit vielen Jahren darüber informiert gewesen sein soll. Die heutige EKD-Vorsitzende war dort über Jahrzehnte als Pfarrerin, später dann als Superintendentin tätig.
EKD-Chefin Patentante beim Verdächtigen?
Vor der EKD-Synode in Ulm räumte sie vom Pult aus ein, daß sie den Beschuldigten „sehr gut“ kenne. Laut dem Bericht ist sie sogar Patentante eines der Kinder des Verdächtigen. Zuvor war das Gerücht „über die Gänge gewabert“, wie sie ihre Einlassung in eigener Sache begründete. Aus „juristischen Gründen“ wolle sie keine Hinweise geben, anhand derer die „Person“ zu identifizieren sei.
Ende der 1990er Jahre sei Kurschus über die Vorwürfe unterrichtet worden, berichtet die Lokalzeitung. Eine weitere Pfarrerin sowie vier Männer, darunter eines der Opfer, hätten sie über die Vorgänge ins Vertrauen gezogen. Zwei der Teilnehmer haben, so die Siegener Zeitung, eidesstattliche Versicherungen abgegeben, daß es bei dem damaligen Gespräch um die Mißbrauchsvorwürfe gegangen sei.
In ihrer Rede beschwor die EKD-Ratsvorsitzende, daß sie bekannt dafür sei, sich mit Nachdruck für die Aufarbeitung von sexuellem Mißbrauch einzusetzen. Und es bleibe dabei, daß sie das Thema zur „Chefinnensache“ mache. Damit hatte sie 2021 im Wahlkampf um den Ratsvorsitz gepunktet und erntete nun wieder Applaus der Synodalen. Doch betrifft das auch ihre eigene Person und ihr engstes Umfeld?
Vorstandskollegen wetzen die Messer
Kurschus hatte sehr lange gewartet, sich zu den seit Tagen bekannten Vorwürfen gegen sie zu äußern. Und als substantiell nahm auch niemand ihre Rede wahr, in der sie meinte, bei dem Gespräch mit dem Mißbrauchsopfer eventuell „etwas überhört“ zu haben.
Unter ihren Vorstandskollegen wächst nun die Kritik. Denn Kurschus hatte die EKD auch nicht darüber informiert, daß bereits seit Anfang des Jahres die Staatsanwaltschaft in dem Fall ermittelt. Offenbar wetzen in der EKD-Spitze nun viele die Messer. Kurschus‘ Umgang mit dem Fall sei völlig unangemessen, hört man.
Ein erzwungener Rücktritt der Dame, die auch straffreie Abtreibungen bis zum Ende des fünften Schwangerschaftsmonats fordert, erscheint nicht mehr ausgeschlossen. Einige aus der EKD meinen laut Medienberichten, dies sei keine Frage des Ob, sondern des Wann. (fh)