Ungewöhnliche Töne von Außenminister Heiko Maas. Die Migranten aus dem Grenzgebiet zwischen Polen und Weißrußland sollen nicht in der EU verteilt werden, sondern in ihre Heimatländer zurückkehren, findet der SPD-Politiker. Schließlich seien sie aus dem Irak, Syrien oder dem Iran mit dem Flugzeug nach Minsk geflogen. „Diejenigen, die politisches Asyl bekommen, haben meistens andere Wege, die sie nehmen müssen“, erläuterte Maas am Montag seine ablehnende Haltung.
Die Begründung ist interessant, bedeutet sie doch nichts anderes, als daß jemand, der mit dem Flieger aus seinem Heimatland ausreist, dort wohl kaum politisch verfolgt sein kann. Und auch wer sich ein Flugticket nach Dubai, in die Türkei oder nach Minsk leisten kann, dem droht zuhause vermutlich eher selten der Hungertod.
Genau hier stellt sich allerdings die Frage, warum in Maas diese offensichtliche Erkenntnis erst jetzt reift? Denn daß Migranten mit dem Flieger nach Deutschland kommen, um Asyl zu beantragen, ist keine neue Entwicklung. Im Gegenteil: Nachforschungen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge zu den Fluchtrouten der Asylbewerber haben ergeben, daß in der Vergangenheit rund 30 Prozent der Befragten angaben, per Flugzeug eingereist zu sein.
Im Wahlkampf hörte man von Maas dazu nichts
Und zwar, nachdem sie zuvor in Länder wie die Türkei, Italien, Griechenland oder Georgien aufgebrochen waren. Zumindest gaben sie diese als Abflugort an.
Für ihren Aufenthaltsstatus hatte das trotzdem keinerlei Konsequenzen. Auch Heiko Maas forderte zu keiner Zeit, Asylflieger sollten in ihre Herkunftsländer zurückkehren. Statt dessen beschloß die Bundesregierung, die Zahl über die Flugzeugflüchtlinge fortan an als nicht öffentliche Verschlußsache einzustufen, wie eine AfD-Anfrage ergab.
Es muß allerdings auch nicht immer ein Flugticket sein, daß den Asylgrund eines Antragsstellers in Frage stellen könnte. Hierfür reicht schon ein Blick nach Berlin. Seit Monaten beantragen Moldawier in großer Zahl Asyl in der Hauptstadt. Nicht, weil ihnen in ihrer Heimat irgendeine Verfolgung droht, sondern weil sie in Berlin die großzügig verteilten Sozialleistungen anlocken. Nur ist die Aussicht auf finanzielle Alimentierung eigentlich kein Asylgrund.
In Berlin schert man sich darum jedoch wenig. Dort zahlte man den Migranten aus Moldawien trotz einer Anerkennungsquote, die gegen null Prozent geht, wegen der Corona-Krise die Asylleistungen sogar drei Monate im Voraus aus. Größere Familien erhielten so ab dem Tag ihrer Ankunft in Berlin zum Teil bis zu 4.500 Euro. Von Heiko Maas hörte man hierzu im Sommer allerdings nichts. Da war aber auch schließlich Wahlkampf.
Ampel-Koalitionäre sind Polen dankbar für Drecksarbeit
Entsprechend wenig Gewicht muß man deshalb auch seinen aktuellen Äußerungen beimessen. Maas will lediglich die Ampelgespräche nicht belasten. Denn in Deutschland gibt es in der Bevölkerung keine Mehrheit dafür, die nächste Flüchtlingskarawane durch die EU ziehen zu lassen, um sie dann unter Willkommensrufen hierzulande aufzunehmen. Solche Entscheidungen sollen mit der Kanzlerschaft Angela Merkels verbunden bleiben.
Eine faktische Grenzöffnung für die Migranten aus Weißrußland wäre hingegen ein denkbar negatives politische Vorzeichen und eine zu große politische Hypothek, unter der die neue Regierung aus SPD, Grünen und FDP starten würde. Insofern ist man unter den Ampel-Koalitionären derzeit auch äußerst dankbar, daß Polen die Drecksarbeit für die EU und Deutschland erledigt und die Koalitionäre in spe vor einer entsprechenden Entscheidung bewahrt.
Zumindest sind von Annalena Baerbock oder Saskia Esken momentan keine „Wir haben Platz“-Rufe zu vernehmen. Das sollte allerdings niemanden darüber hinwegtäuschen, daß die künftige Regierung den Flüchtlingsmagneten schon bald wieder voll anschalten wird. Spätestens wenn die Tinte unter dem Koalitionsvertrag trocken ist und die Kameras der Öffentlichkeit nicht mehr so auf Lukaschenkos Erpressungsversuche und das Grenzgebiet zu Weißrußland gerichtet sind.