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„Krieg gegen eine Ideologie“: Nach dem Anschlag von Nizza: Worte oder Taten?

„Krieg gegen eine Ideologie“: Nach dem Anschlag von Nizza: Worte oder Taten?

„Krieg gegen eine Ideologie“: Nach dem Anschlag von Nizza: Worte oder Taten?

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron (M.) sprach den Sicherheitskräften in Nizza seinen Dank aus Foto: picture alliance / abaca
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron (M.) sprach den Sicherheitskräften in Nizza seinen Dank aus Foto: picture alliance / abaca
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron (M.) sprach den Sicherheitskräften in Nizza seinen Dank aus Foto: picture alliance / abaca
„Krieg gegen eine Ideologie“
 

Nach dem Anschlag von Nizza: Worte oder Taten?

Nicht nur Frankreich, ganz Europa ist angesichts der jüngsten terroristischen Auswüchse des Islam gefordert, eine Reaktion zu zeigen, die mehr beinhaltet als nur Worte. Dabei sollten sich die Staaten Europas eines natürlichen Verbündeten erinnern. Ein Kommentar von Jürgen Liminski.
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Es wird wieder viele Solidaritätsbekundungen geben, auch Erklärungen des Abscheus und der Empörung. Angefangen vom Präsidenten der Republik, Emmanuel Macron, der schon am frühen Nachmittag nach einer Sitzung des Krisenstabs an den Tatort in Nizza eilte, bis hin zu islamischen Verbänden, die in der Regel etwas länger brauchen, über Politiker aller Parteien hinweg wird man die Einheit der Republik und des Landes im Kampf gegen den islamistischen Terror beschwören. Aber bei diesem Attentat im Herzen von Nizza, in der Kathedrale Notre-Dame, geht es um mehr als die Republik.

Die Enthauptungen einer betagten Christin beim Gebet und des beliebten Küsters sowie einer weiteren Frau durch die Hand des „Allahu-Akbar“ schreienden Islamisten geht über den Kampf um Karikaturen und die Freiheit der Meinungen weit hinaus. Hier wurde der Kern sichtbar, bei dem es um diesen Krieg geht: Um die Mutter aller Freiheiten, die Glaubens-und Gewissensfreiheit. Das schließt auch die Freiheit nicht zu glauben ein.

Die Kathedrale Notre-Dame de Nice ist nach dieser Tat, der durchaus weitere folgen können, das Symbol für diesen Krieg. Alle erinnern sich jetzt auch an das Attentat auf dem Boulevard des Anglais 2016 in Nizza, bei dem am Nationalfeiertag 86 Menschen ums Leben kamen. Einen Krieg gewinnt man aber nicht mit Worten. Kathedrale, Nationalfeiertag – Nizza ist die Symbolstadt in diesem Krieg.

Le Pen will „Kriegsgesetze“ gegen radikale Imame

Die Regierung Macron steht jetzt gewaltig unter Druck. Der Bürgermeister von Nizza, der Republikaner Christian Estrosi, forderte in einem ersten Interview, drei Stunden nach dem Attentat, alle einschlägigen „fichés S“ (registrierte Gefährder) zu isolieren oder auszuweisen. Das ist in einem Rechtsstaat nicht so einfach möglich.

Marine Le Pen verlangt folgerichtig wie schon nach dem Mord an dem Geschichtslehrer Samuel Paty vor gerade mal zwei Wochen „Kriegsgesetze“, das heißt den Ausnahmezustand und Gesetze, die die Ausweisung radikaler Imame und die Schließung ihrer Moscheen vereinfachen. Denn man befinde sich „im Krieg gegen eine Ideologie“, der mit herkömmlichen Mitteln nicht zu gewinnen sei.

Innenminister Gerald Darmanin hat sich kurz nach dem Mord an Paty zu der Äußerung hinreißen lassen, der politische Islam vollziehe einen Schulterschluß mit dem radikalen Islam und das führe geradewegs in den Terrorismus. Richtige Worte, zumal der Islam immer politisch ist, aber eben nur Worte. Bisher hat Darmanian gerade mal eine Moschee geschlossen und die muslimische Verwaltung versucht auch noch mit juristischen Mitteln, diese Schließung rückgängig zu machen. Weitere Maßnahmen hat Darmanin angekündigt und sich den Vorwurf auch der größten Oppositionspartei, der Republikaner, eingeholt, man wolle keine Parolen mehr hören und werde die Regierung an ihren Taten messen.

Erdogan ruft de facto zum Krieg gegen Frankreich auf

Hier geht es nicht mehr um Karikaturen, über deren Geschmack man übrigens trefflich streiten kann, hier steht die Freiheit selbst auf dem Spiel. Der radikale Islam, der sich wie der moderate durchaus auf den Koran berufen kann, kennt die Freiheit des Glaubens nicht. Für ihn ist der Mensch als Muslim geboren, seine Natur ist muslimisch – der Fachbegriff lautet „Fitr“ – und die Aufgabe des Dschihad ist es, alle Menschen zu ihrer „ursprünglichen“ Natur zu bekehren oder eben zu töten. Da ist kein Spielraum für Toleranz. Unterwerfung oder Tod – das ist die tiefere Bedeutung der Allahu-Akbar Schreie der Islamisten.

Da ist Krieg und Macron geht hin. Er muß hingehen, wenn er außer seiner Wiederwahl nicht noch einen versteckten Bürgerkrieg riskieren will. So kündigte er am Nachmittag in Nizza an, bis zu 7.000 Soldaten zum Schutz des Landes zu mobilisieren. Sie sollen unter anderem Kirchen und Schulen bewachen. Außerdem werde am Freitag über weitere Maßnahmen beraten. Für die Franzosen ist, wie übrigens für die Mehrheit der Deutschen, klar, daß dem radikalen Islam mit Worten und Verhandlungen nicht beizukommen ist. Das gilt auch für den Muslimbruder Erdogan, der die islamistischen Gotteskrieger in aller Welt zum Boykott und de facto zum Krieg gegen Frankreich aufgerufen hat.

Der Aufruf wird nicht nur in Geschäften der Türkei und Katars befolgt, wo man die Käsesorten Frankreichs aus den Regalen geholt hat. Im saudi-arabischen Jeddah wurde heute Morgen ein Islamist festgenommen, der mit dem Messer einen Wachposten vor dem französischen Konsulat angreifen wollte. Mit solchen Aktionen ist auch in anderen Ländern zu rechnen, auch in Deutschland. Der Kampf gegen den gewalttätigen Islam ist universal.

Ganz Europa ist gemeint

Europa sollte sich zu einer gemeinsamen Strategie für diesen Kampf zusammenfinden. Und sich darauf besinnen, daß es einen natürlichen Verbündeten in diesem Kampf gibt: Rußland. Hier spielt der geopolitisch günstige Umstand eine Rolle, daß Putin von Erdogan in den Konfliktfeldern Syrien und Libyen ebenfalls als zahnloser Tiger vorgeführt wird.

Statt Putin weiter zu verurteilen oder gar zu ächten und Erdogan zu schmeicheln oder gar vor heimischem Publikum Entschlossenheit zu heucheln, sollte gerade Berlin hier ohne wenn und aber an der Seite Frankreichs stehen. Der Krieg gegen den radikalen Islam betrifft ganz Europa.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron (M.) sprach den Sicherheitskräften in Nizza seinen Dank aus Foto: picture alliance / abaca
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