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MDR jagt Steimle vom Hof: Hier wird nicht gelacht!

MDR jagt Steimle vom Hof: Hier wird nicht gelacht!

MDR jagt Steimle vom Hof: Hier wird nicht gelacht!

Uwe Steimle
Uwe Steimle
Uwe Steimle: Sendung war der Quotenbringer, Steimle war der Osten, der sich selbst erzählt Foto: picture alliance/dpa-Zentralbild
MDR jagt Steimle vom Hof
 

Hier wird nicht gelacht!

Lustiger war eine öffentlich-rechtliche Anstalt lange nicht mehr, als es der MDR war in seiner Begründung zum Rausschmiß des Kabarettisten Uwe Steimle. Der Satiriker gehörte eigentlich zu den Quotenbringern, machte sich aber mit Heimatliebe und Medienkritik verdächtig. Ein Kommentar von Matthias Matussek.
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Lustiger war eine öffentlich-rechtliche Anstalt lange nicht mehr, als es der MDR war in seiner Begründung zum Rausschmiß des Kabarettisten Uwe Steimle. Der nämlich habe die „Unabhängigkeit des Senders“ in Frage gestellt und zwar „wiederholt“, womit er nicht mehr tragbar sei. Aber Leute, ihr wißt doch genau, daß Steimle recht hat und daß er nicht der einzige ist: rund 40 Prozent der Hörer oder Zuschauer sehen das wie er – laut einer Umfrage des WDR. Nämlich, daß der Staat seinen Sendern, in deren Rundfunkräten er massiv vertreten ist, politische Vorgaben mache. Ist doch peinlich, oder? Fast jeder zweite hat Zweifel an eurer Glaubwürdigkeit. Hammer, oder?

Man kann daraus natürlich eine Tugend machen wie „Monitor“-Chef Georg Restle, der sich geradezu verächtlich über das journalistische Neutralitätsgebot äußert, da es ihm viel eher auf „Haltung“ ankomme, in seinem Falle eine linke.

In „Steimles Welt“ führt der Satiriker Uwe Steimle, der als „Polizeiruf 110“-Kommissar bundesweit bekannt wurde, durch zumindest im Westen offenbar nicht bekannte Territorien: durch Mittel- und Ostdeutschland, wo so anders gelebt und gedacht und gewählt wird als im Westen, daß sogar Moderatorinnen gemaßregelt werden müssen, wenn sie an Wahlabenden die Volkspartei des Ostens, die AfD, als „bürgerlich“ bezeichnen.

Vorstellungen von Humor klaffen weit auseinander

Er habe, so wirft man dem Kabarettisten vor, ausländerfeindliche Klischees bedient, als er die Auskunft einer Kirchenpförtnerin weitergegeben habe, daß die Kirche geschlossen sei, weil „dort hinterm Alter hingekackt wurde“. „Wer macht denn sowas“? wollte Steimle wissen. „Na, Sie wissen schon, wer!“ Solche Sachen berichtet Steimle. Aber auch aberwitzige und von ihm selber laut belachte Absurditäten wie das Gerücht, daß Syrer sämtliche Fische aus einem Fluß rausgeholt hätten. Nun kann man sicher der Meinung sein, daß die Unterhaltung, die Steimle mit solchen Kalauern biete, unter Niveau sei.

Sein „Kraft durch Freunde“-Shirt verteidigte Steimle im Juni in der Bild-Zeitung als zulässige Satire: „Ich bin Satiriker! Vermutlich hätte Jan Böhmermann für diesen Spruch einen doppelten Grimmepreis mit Eichenlaub bekommen.“

Apropos Böhmermann – es scheint ein regelrechter Stellvertreterkrieg im komischen Fach zu toben, denn mittlerweile ist Comedian Dieter Nuhr ins Fadenkreuz geraten, weil er sich über Greta Thunberg, die Klimaheilige aus Schölefröh, lustig gemacht hatte. Böhmermann, eher grobschlächtig mit seinem „Ziegenficker“-Humor, möchte ihm dafür „die Fresse polieren“.

Im Grunde grobes Humorverständnis zeichnete doch bis dato auch den MDR aus. In Erinnerung ist dem Autor dieser Zeilen ein „Komiker“ namens Kurt Krömer, welcher einen Buchautor in seiner Sendung als „Arschloch“ begrüßte, und in dessen Klage gegen eine Ausstrahlung erwidert wurde, das sei doch alles rasend witzige „Satire“. Offenbar klaffen die Vorstellungen von Humor derzeit weit auseinander.

„Ich bin ein Linker“

Auf Steimles Sündenkonto geht noch ein Interview mit dieser Zeitung, in dem er viel Richtiges sagte, vieles kabarettistisch zuspitzte (als er die „Heute“-Sendung mit dem „Schwarzen Kanal“ und Claus Kleber mit Karl-Eduard von Schnitzler verglich), aber auch Unsinn, wie die Reichsbürger-Einschätzung, Deutschland sei ein besetztes Land – es ist ganz sicher nicht von den USA besetzt, aber durchaus von einer medial-politischen Kaste, die darüber entscheidet, was sagbar ist und was nicht.

Die Zeit titelte vor ein paar Wochen: „63 Prozent der Deutschen glauben, man müsse sehr aufpassen, wenn man seine Meinung öffentlich sagt.“ Und darunter die blauäugige Frage „Wie kann das sein?“ Blauäugig nicht zuletzt deswegen, weil am rechten Titelrand ein „Streit“-Gespräch mit Bernd Lucke angekündigt war, der kurz zuvor in dem Hörsaal, in dem er seine Vorlesung zu irgendeinem Wirtschaftsthema halten wollte, fast verprügelt wurde, weil er einst die AfD gegründet hatte. Tja, liebe Leser, wie kann das sein?

In einem Telefonat mit einem zwischen Empörung und Resignation pendelnden Steimle („Sicher hab ich auch Fehler gemacht“) war dieser besonders erbost über den Vorwurf, er sei ein Rechter. „Ich bin ein Linker“, sagt er, als wolle er sagen: Ich gehöre zu den Guten, „schon immer gewesen, ich bin gegen soziale Ungerechtigkeit und liebe meine Heimat“.

Steimles Sendung gehörte zu den Quotenbringern

Nun, lieber Steimle, abgesehen davon, daß die Sache mit der Heimatliebe für jeden Linken hochverdächtig ist, ist auch die Zuordnung von links und gut ein merkwürdiges und nicht mehr nur deutsches, sondern westliches Phänomen.

Als habe sich eine Amnesie gesenkt über die Verbrechen im Namen einer linken Ideologie: Stalinismus, Maoismus, Nationalsozialismus haben Hunderte von Millionen Opfern gekostet, die Masterpläne zur Menschheitsbeglückung im Namen des Volkes, der Rasse, des Fortschritts, allesamt linke Erziehungsideen, die das „störende“ Einzelsubjekt ausreißen wollen, sie sind befeuert von einem mörderischen Idealismus, der kein Federlesens macht. Warum gilt der linke Massenmensch automatisch als gut und der rechte Grübler, Fromme, Bildungsbürger, Sucher, Vereinzelte, Geschichtspessimist als böse?

Steimles Sendung gehörte zu den Quotenbringern, vor allem aber war sie die beliebteste, was Körbe von Briefen dem Programmchef Wolf-Dieter Jacobi bewiesen. Steimle war der Osten, der sich selber erzählte – und nicht der Osten als Gegenstand stirnrunzelnder Journalisten aus dem Westen. Kürzlich trat Steimle in Gera auf, vor tausend Leuten.

„Und die sind ölle uffgestanden“, sagt er und mußte fast heulen. „Die wußten, ich bin einer von ihnen.“ Und sie kämpfen um ihren Steimle. Sie kämpfen mit Demos vor dem Funkgebäude des MDR. Und sie kämpfen mit Petitionen darum, ihren frechen, anarchischen, unangepaßten Steimle wieder ins Programm zu nehmen. Und damit wohl auch sie selber.

JF 51/19

Uwe Steimle: Sendung war der Quotenbringer, Steimle war der Osten, der sich selbst erzählt Foto: picture alliance/dpa-Zentralbild
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