Bürger ab 65 Jahre machten 2017 etwa 21 Prozent der Bevölkerung in Deutschland aus. 1960 lag ihr Anteil in Wetsdeutschland noch bei elf Prozent. Der durchschnittliche Deutsche wird älter, kleiner, unqualifizierter und schuldenreicher. Und in den kommenden Jahrzehnten wird er vor allem eines: noch älter.
Welche Auswirkungen hat eine solche alternde Bevölkerung auf die Größe des Staatssektors? Diese Frage stellten sich Ryan Murphy und Meg Tuszynski von der Southern Methodist University in Dallas.
Ältere Menschen befördern Staatsaktivitäten
In ihrer aktuellen Studie untersuchten Sie anhand des vom Fraser Institute herausgegebenen Economic Freedom of the World (EFW) Index, wie sich der Anteil der über 65-Jährigen auf die Größe des Staatsaapparates auswirkt und ob er sich im besonderen negativ auf die Subventions- und Transferleistungen auswirkt. Murphy und Tuszynski nutzten dabei Daten aus den Jahren 1970 bis 2015, bezogen bis zu 159 Länder in ihre Analyse ein und fanden empirische Hinweise für eine Bestätigung ihrer These: Je höher der Anteil über 65-Jähriger, desto größer ist der Staatssektor. Gleichzeitig schwindet unter den Jüngeren die moralische Unterstützung für ein Sozialsystem, von dem vor allem Ältere profitieren.
Besonders stark wachsen Sozialtransfers und Subventionen. Investitionen hingegen werden nicht positiv beeinflußt. Ältere Menschen befördern Staatsaktivitäten, von denen sie zu Lebzeiten noch profitieren können, so die Erklärung der Wissenschaftler. Ausgaben für Investitionen, die sich erst in einigen Jahren oder gar Jahrzehnten auszahlen, sind aus ihrer Perspektive nicht sonderlich attraktiv. Diese ökonomisch rationale Sichtweise schlägt sich auch auf politische Prozesse nieder.
Der demographische Wandel ist ein entscheidender Faktor für die Perspektiven einer jeden Gesellschaft. Setzt sich der Alterungstrend fort, ist insbesondere auch in Deutschland mit einer stetig steigenden Staatsquote zu rechnen. Jüngere Generationen werden einen immer größeren Teil ihrer Einkommen über die staatlichen Transfersysteme den ältern Mitbürgern zur Verfügung stellen müssen.
Es braucht endlich ein Einwanderungsgesetz
Der Sozialwissenschaftler Gunnar Heinsohn rechnet (in einer optimistischen Variante) für das Jahr 2060 mit rund 22,5 Millionen erwerbstätigen Bürgern in Deutschland, die dann 22 Millionen Senioren zu versorgen hätten. Hinzu kämen nach seinen Berechnungen 7,5 Millionen Erwerbslose und 13 Millionen Kinder, Schüler und Studenten. Auf 100 Zahler in das Sozialsystem kämen damit nahezu 190 Empfänger.
Ohne eine qualifizierte Einwanderung ist dieses Mißverhältnis nicht zu bewältigen. Weltweit hat vor Jahren bereits ein „War for Foreign Talents“ begonnen. Vorbild für Deutschland können hier durchaus auch die Vereinigten Staaten sein, wo heute zwei Drittel der Leistungsträger schon einen Migrationshintergrund aufweisen.
Kanada hat auch während der Finanzkrise weiter auf qualifizierte Einwanderung gesetzt. Talente aus dem Ausland wurden hier zur kritischen Masse für Innovationen und schufen die Grundlage für neue Arbeitsplätze und neues Wachstum. Wie stark das deutsche Sozialsystem für die Zukunft reformiert werden muß, wird auch davon abhängen, ob ein Einwanderungsgesetz nach kanadischem oder australischem Vorbild endlich auf den Weg gebracht wird.