Geisterseher haben es auch nicht leicht. Auf Schritt und Tritt wähnen sie Dämonen und finstere Mächte am Werk. Für derart Besessene ist eine Halle nicht einfach eine Halle und ein Vermieter nicht einfach ein Vermieter, sie müssen auf Schritt und Tritt zwanghaft böse Geister wittern, die irgendwo drinstecken. Wer so lädiert durchs Leben läuft, verfällt schon mal dem Exorzisten-Wahn.
Jetzt hat es auch ein paar Geisterjäger erwischt, die sich in einem obskuren Verein mit dem unheilvoll-kryptisch klingenden Namen „No Halgida“ zusammengeschlossen haben. Der Anlaß: „MDR Sputnik“, ein in Halle in Sachsen-Anhalt ansässiger Radiosender, der unter dem Motto „Heimattour“ Musikveranstaltungen auch in jene Winkel des Sendegebiets bringt, wo sonst nicht gerade der Bär steppt, will seine Plattenaufleger nach Helbra schicken.
Ins Industriegebiet Helbra Ost, wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen und wo der angejahrte Backsteinbau der „Alten Schachthalle“ steht, die der lokale Veranstalter für die Sause angemietet hat. Und zwar, Achtung, jetzt kommt’s: Von einem „Reichsbürger“, dem das Ding gehört, von einem irgendwie „Rechtsextremen“ also.
Wovor haben sie solche Angst?
Na und, könnte man sagen. „MDR Sputnik“ will ja selbst keine „Reichsbürger“-Ausweise verteilen, sondern bloß heiße Musik auflegen. Und eine Halle ist eine Halle ist eine Halle. Aber da haben sie die Rechnung ohne die Dämonenriecher von „No Halgida“ gemacht. „Man arbeitet nicht mit Rassisten zusammen“, dekretiert ihr Sprecher gegenüber der Mitteldeutschen Zeitung und fordert die Absage der Veranstaltung.
Wahrscheinlich merken die wackeren „Aktivisten“ in ihrem Wahn gar nicht, wie verdächtig ihr „Macht bloß keine Geschäfte mit denen da“ nach häßlichen alten Zeiten klingt. Wovor haben sie solche Angst? Daß in dem von außen eher trostlosen Bau ein böser Geist wabert, der in harmlose Partygänger fahren könnte?
Etwas in der Art muß es schon sein, sonst könnten sich die „No Halgida“-Teufelsaustreiber und die Investigativ-Profis von der Mitteldeutschen Zeitung ja den Hinweis sparen, daß in der ominösen Halle auch schon der leibhaftige Björn Höcke aufgetreten sei. Wehe, wenn auf der Bühne, wo der Thüringer AfD-Landeschef schon stand, eine Stimmungskanone von „MDR Sputnik“ Musik auflegt, und abermals wehe, wenn dort, wo schon „AfD-Sympathisanten“ dem bösen Björn zujubelten, arglose junge Leute „ausgelassen tanzen“.
Steckt vielleicht Putin dahinter?
Man mag über Leute, die glauben, die Bundesrepublik Deutschland wäre kein Staat und existierte gar nicht, ja denken, was man will. An Obskurantismus stecken die „No Halgida“-Antifanten und ihre publizistischen Verbündeten die „Reichsbürger“ jedenfalls locker in die Tasche. Nimmt man ihr Geraune wörtlich, müßte man vermutlich jeden Saal als kontaminiert betrachten und abreißen, in dem mal eine AfD-Veranstaltung stattfand. Oder wenigstens vor weiterer Nutzung einen Antifa-Hohepriester reinschicken, der einen zünftigen Exorzismus veranstaltet.
Fürs erste sind die Geisterjäger allerdings beleidigt. „MDR Sputnik“ will die Party nicht absagen, die mühevoll inszenierte Kampagne ist einfach verpufft. Aber einem tüchtigen Teufelsaustreiber gehen die Dämonen so schnell nicht aus, er muß nur lange genug suchen. Ein Tipp: Schaut euch mal „MDR Sputnik“ genauer an – klingt das nicht verdächtig nach „sputniknews“, ihr wißt schon, Putins deutsche Stimme? Stecken womöglich „russische Hacker“ dahinter, die sind doch sonst an allem schuld?
Und euer Verbündeter, die Mitteldeutsche Zeitung, ja genau, „mitteldeutsch“, ist das nicht astreiner Revisionisten-Jargon? Oder entspannt euch einfach mal, nehmt eine Auszeit in der Gummizelle oder geht zum Abtanzen in die Dorfdisko, gern auch nach Helbra. Ihr werdet sehen, da passiert gar nix.