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Meinung: Eine neue Weltordnung am Horizont

Meinung: Eine neue Weltordnung am Horizont

Meinung: Eine neue Weltordnung am Horizont

Rußland und China
Rußland und China
Rußlands Präsident Wladimir Putin und Chinas Staatsoberhaupt Xi Jinping: Gute Kontakte Foto: picture alliance/Russian Look
Meinung
 

Eine neue Weltordnung am Horizont

Der Westen übersieht eine wichtige Stärke Moskaus: seine guten Kontakte zu allen Staaten und sogar Organisationen auf dem eurasischen Kontinent. Die Fortschritts-Dogmen der Europäer werden dort nur als Arroganz, wenn nicht Ignoranz, empfunden. Zwei Blöcke werden sich künftig herausbilden. Ein Kommentar von Thomas Fasbender.
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Donald Trump auf dünnem Eis: Der Volkstribun und Milliardär an der Staatsspitze kämpft mit dem Regelwerk der amerikanischen Demokratie und gegen die um ihre Macht ringenden Medien. Dmitri Trenin, russischer Geopolitik-Experte und Leiter des Moskauer Carnegie-Zentrums, eines Ablegers der US-amerikanischen Denkfabrik Carnegie-Stiftung, sieht im derzeitigen inneramerikanischen Konflikt nur den Beginn einer langen Periode der Auseinandersetzung.

Als solche sei sie charakteristisch für die westliche Welt. Auf der einen Seite stünden die Kräfte, die für das Nationale, Regionale und Partikulare, also das jeweils Besondere, stehen – auf der anderen die Kräfte des, wie Trenin ausdrückt, „weichen Imperialismus“ in Form der westlichen Globalisierung.

Trenin sprach am Mittwoch vor dem Berliner Forschungsinstitut „Dialog der Zivilisationen“ zum Thema „Der Platz Europas in der russischen Strategie des größeren Eurasiens“. Es war ein Vortrag, wie man ihn auf deutschem Boden selten zu hören bekommt: der Gang der Welt aus dem Blickwinkel eines Nichteuropäers.

Europa nur noch Nachbar

Schon die Bezeichnung eines Russen als Nichteuropäer, das ließ auch Trenin nicht unerwähnt, indiziert eine Zeitenwende. Erstmals seit über 300 Jahren, seit Peter dem Großem, gelte Europa den Russen nur noch als Nachbar, nicht mehr als etwas, dem man an- und zugehört. Ein Nachbar zwar, bei dem man sich bestens ausspannen, einkleiden und die Kinder zur Schule schicken könne – aber eben nur ein Nachbar.

Er erinnerte an die zwei geographisch zum europäischen Kontinent gehörenden Länder, die mit dem Wort Europa nicht sich selbst bezeichneten: England und Rußland. Da sei es doch bezeichnend, daß der Brexit und die russische Entfremdung von Europa sich fast gleichzeitig vollzögen.

Von Gorbatschow bis zur Ukraine-Krise 2014 habe die Moskauer politische Elite einen Plan A verfolgt: ihr Land in den Westen zu integrieren, auf Augenhöhe und als eines von drei gleichberechtigten Zentren: Westeuropa, Vereinigte Staaten von Amerika, Rußland. Drei Anläufe hat es gegeben: der frühe Jelzin ab 1992, der frühe Putin ab 2000, der frühe Medwedjew ab 2008. Alle drei seien gescheitert.

Plan B gescheitert

Im Plan B, der bereits in den Neunzigern des vergangenen Jahrhunderts entwickelt worden sei, ging es um die Integration der ehemaligen Sowjetrepubliken in einem Wirtschafts- und Sicherheitsraum unter russischer Führung. In der Ukraine 2013 sei der Plan B zum Testfall geworden – und ebenfalls krachend gescheitert.

Trenins Schlußfolgerung: Seit 2014 weiß man in Moskau, daß Rußland weder integrierbar noch integrierungsfähig ist. Ein Staat sui generis. Seither stehe die russische Sicherheits- und Außenpolitik auf zwei Säulen: zum einen die Vermeidung eines militärischen Konflikts mit den USA, zum anderen die Etablierung des Landes als eurasische Macht zwischen Norwegen und Nordkorea.

Dazu gehöre die enge Beziehung zu China, die Trenin als Entente, also als schwächere Form der Allianz bezeichnet. Man unternehme nichts gegeneinander, aber – ganz wichtig – auch nicht alles gemeinsam. Dazu gehöre etwa, daß China die Krim weiterhin als Teil der Ukraine betrachtet oder daß Rußland im Südchinesischen Meer eine neutrale Position bezieht.

Moskaus unerkannte Stärke 

Hinzu komme eine Moskauer Stärke, die im Westen nicht wirklich wahrgenommen werde: Als einziges Land pflege Rußland gute Kontakte zu allen Staaten und sogar Organisationen auf dem eurasischen Kontinent, selbst zu erbitterten Gegnern wie Israel und dem Iran – abgesehen nur von terroristischen Organisationen wie dem „Islamischen Staat“ oder al-Qaida.

Auf Europa angesprochen, meinte der russische Experte, für Moskau sei der Kontinent kein „strategic player“ mehr. Mit dem Brexit sei der Prozeß der politischen Integration Kontinentaleuropas in die Welt zum Stillstand gekommen. Die osteuropäischen Länder gälten sowieso nur als EU-Mitglieder zweiter Klasse. Hart ins Gericht ging Trenin mit dem Anspruch der Europäer, im Gegensatz zu anderen Nationen im 21. Jahrhundert angekommen zu sein, etwa beim Bestehen auf der Nichtexistenz von Interessensphären.

„Five Eyes“ gegen Rußland und China

Selbst wenn es so wäre, meinte Trenin, ändere das nichts daran, daß der überwiegende Teil der Welt dem traditionellen politischen Denken verhaftet bleibe. Die Fortschritts-Dogmen der Europäer würden dort nur als „Arroganz, wenn nicht Ignoranz“ empfunden.

Was sich nach Trenins Prognose herauskristallisieren wird, ist ein weltumspannender angelsächsischer Block („Five Eyes“), mit dem vor allem Rußland und China – und die von den beiden Ländern unterhaltenen Sicherheitsstrukturen – rivalisieren werden. Er nannte als Beispiel die Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ).

Dabei übernehme China – wie auch Indien – die Rolle der wirtschaftlich dominierenden Macht, während Rußland die traditionelle außenpolitische Schwäche der Chinesen mit seinem beeindruckenden eurasischen Netzwerk kompensiere. Vor dem Hintergrund eines der Tendenz nach isolationistischen Amerikas zeichnet sich derzeit am Horizont eine neue Weltordnung ab.

Rußlands Präsident Wladimir Putin und Chinas Staatsoberhaupt Xi Jinping: Gute Kontakte Foto: picture alliance/Russian Look
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