Der Einsatz von Bundeswehr-Kontingenten im Rahmen des Syrien-Krieges auf dem türkischen Stützpunkt Inçirlik war von Anfang an eine Absurdität. Die Stationierung von „Patriot“-Raketen zum „Schutz“ des Nato-Partners Türkei vor Feuerüberfällen aus dem Nachbarland wurde den Beigeschmack nie los, es gehe in Wahrheit darum, die Nato und damit auch Deutschland in eine von der Türkei selbst mit angezettelte militärische Auseinandersetzung hineinzuziehen.
Warum Aufklärungsflugzeuge im Kampf gegen den „Islamischen Staat“ ausgerechnet vom Territorium der Türkei operieren müssen, die die Terroristen länger als Werkzeug regionalpolitischer Interessen gefördert denn bekämpft hat, ist ebenfalls wenig plausibel. Wäre die Bundesverteidigungsministerin nicht so intensiv mit der Demontage ihrer Armee von innen beschäftigt, hätte sie alternative Standorte schon lange gesucht und gefunden haben können.
Eingeübter Nationalmasochismus
Der diplomatische Affront der fortgesetzten türkischen Truppenbesuchsverbote gegen deutsche Politiker hätte schon längst zum Abbruch eines Einsatzes führen müssen, der von Ankara vor allem als Erpressungspotential betrachtet wird. Daß dies trotz gelegentlicher vollmundiger Ankündigungen noch immer nicht erfolgt ist, verrät den eingeübten Nationalmasochismus und chronischen Mangel an Selbstachtung deutscher Politiker, in dem robuster gestrickte Spitzbuben wie der Despot vom Bosporus ein Zeichen innerer Schwäche wittern, das sie gern und weidlich ausnutzen.
Von Rechts wegen müßten es Deutschland, die Niederlande und andere von Erdogan aggressiv geschmähte Regierungen sein, die bei den Nato-Partnern auf wirksame Maßnahmen gegen ein außer Kontrolle geratenes Mitgliedsland dringen. Der Entzug von Zahlungen, Privilegien und Unterstützung würde in Ankara vermutlich mehr Eindruck machen als der zaghaft erhobene Zeigefinger der vom „Flüchtlings-Deal“ paralysierten Kanzlerin.
Statt dessen blockiert die Türkei die Teilnahme Österreichs an Nato-Partnerschaftsprogrammen, weil man in Wien, anders als im knieweichen Berlin, den EU-Beitritt der Türkei öffentlich in Frage stellt. Dabei müßte die Frage eigentlich lauten, was denn ein Land, dessen Präsident die Verbündeten mit „Nazi“-Tiraden und offenen Drohungen überschüttet, überhaupt noch in einer „westlichen“ Verteidigungsorganisation verloren hat. Die groteske Situation erhellt, wie sehr die Asylkrise und die freiwillige Aushändigung der Schlüssel zu den EU-Grenzen an den Despoten vom Bosporus die Verhältnisse in Europa aus den Fugen gebracht hat.