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Entmachtung: Kalter Staatsstreich

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Entmachtung
 

Kalter Staatsstreich

Die Einheitswährung ist gescheitert. Eine Währung, die nach Rettung ruft, muß als historischer Irrtum verbucht werden. Ohne Rücksicht auf Verluste verschleudern unsere international getriebenen Politiker dennoch unser Vermögen und demokratische Rechte. Ein Kommentar von Thorsten Hinz.
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Unwort, Umfrage, Alternativ

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Anti-ESM-Demonstration: Die Politiker sind selbst nur Getriebene Foto: JF

Um statt Euro ein paar Eulen nach Athen zu tragen: Die Einheitswährung ist gescheitert. Eine Währung, die nach Rettung ruft, muß als historischer Irrtum verbucht werden. Mit dem Versuch, die Gesetze der Ökonomie zu überlisten, ist die Europäische Union genauso gescheitert wie einst der Ostblock.

Das wissen auch Merkel, Schäuble, Steinmeier und Konsorten. Sie machen jetzt das, was man halt macht, wenn man nicht weiß, was man tun soll, ohne sich selbst zu demontieren: Sie machen weiter wie bisher und damit alles noch schlimmer. Für die Euro-Rettung gilt dasselbe, was in der untergehenden DDR Staatschef Erich Honecker bis zum Herbst 1989 unentwegt proklamierte: „Vorwärts immer, rückwärts nimmer!“

Der permanente Rettungsschirm (ESM) und der Fiskalpakt werden kommen, daran ändert kein Richterspruch etwas. Der „hochspannende Versuch“ (Wolfgang Schäuble), die Wirklichkeit der Euro-Ideologie anzupassen, geht weiter.Die Funktionseliten haben das Land, aber auch sich selbst in eine hoffnungslose Lage gebracht. Um die Stunde der Wahrheit zu vermeiden, setzen sie auf eine permanente Dynamik und beschwören das Morgenrot, das irgendwann am Horizont aufglänzen soll.

Das Volksvermögen wird verschleudert

Sie haben das Land in eine Lose-Lose-Situation manövriert, in eine Lage also, in der Deutschland auf jeden Fall verliert: Nimmt es den Bruch der Euro-Zone in Kauf, muß es die 700 Milliarden abschreiben, die die Südeuropäer ihm schulden, und vermutlich noch viel mehr. Hält es an der Euro-Zone fest, muß es in eine faktische Transferunion eintreten; zu dem einzigen Zweck, die Katastrophe ein wenig hinauszuschieben und dabei das Geld der deutschen Sparer zu verpulvern.

Die neuen Gesetze heben das Königsrecht des Parlaments, das Budgetrecht, weitgehend auf. Damit beschleunigt sich die Kernschmelze des deutschen Staates. Wir befinden uns in einem schleichenden, mit bürokratischen Mitteln herbeigeführten Putsch. Eine einzige etablierte Partei, ausgerechnet die Linkspartei, hat das mit der nötigen Klarheit ausgedrückt. Im übrigen diskutiert der politisch-mediale Komplex nicht Inhalt und Tragweite der neuen Gesetze, sondern nur die Modalitäten und Formalien, unter denen sie in Kraft treten.

Souveränitätsrechte und Volksvermögen werden gegen wertlose Bemühungszusagen für „Schuldenbremsen“ verschleudert. Die Ministerpräsidenten der Bundesländer rühmen sich, für ihre Zustimmung mehr Geld für Kindergartenplätze erhandelt zu haben: Politik auf dem Niveau des infantilen Schwachsinns.

Politische Klasse als Bürgerkriegspartei gegen das eigene Volk

Und das Ergebnis? Trotz der Risiken, die Deutschland mit dem Euro eingegangen ist, ist es in Europa und in der Welt isoliert und gilt als schuldig an der Schuldenkrise. Die europäischen Völker giften sich gegenseitig an. Weil sie nicht weiterwissen, fliehen die Parlamentarier aus der Verantwortung und verlagern immer mehr Kompetenzen ins anonyme Brüssel. Doch ein Kompetenzzuwachs der EU-Zentrale bedeutet nicht, daß diese plötzlich von einem übernational-europäischen Geist erfüllt wird.

Die Mitarbeiter bleiben mehrheitlich Vertreter ihrer Länder, die ihre – logischerweise vor allem auf Deutschland gerichteten – Einzelinteressen dann noch ungehemmter ausleben. Das hat sich schon in der EZB gezeigt, wo die Geber- von den Nehmerländern regelmäßig überstimmt werden. Eine politische Klasse, die das noch befördert, wird objektiv zur Bürgerkriegspartei gegen das eigene Volk.

Angela Merkel hat das Desaster nicht angerichtet, sie kämpft mit dem Erbe von Kohl, Waigel, Schröder, Schäuble. Diese hatten dem Drängen Frankreichs nach einer Währungsunion in furchtbar unprofessioneller Weise nachgegeben. Wir stoßen hier auf ein Strukturproblem: Die Wiedervereinigung war die Vereinnahmung der allseits bankrotten DDR durch die reiche, doch gleichfalls provinziell beschränkte Bundesrepublik.

Die EU-Verträge sind wertlos

Der Qualitätssprung im politischen Bewußtsein, der zum Verständnis der neuen außenpolitischen Lage notwendig gewesen wäre, blieb aus. Erfüllt von einer hypermoralisch aufgeladenen politischen Romantik ließ man sich auf den fehlkonstruierten Euro ein. Doch die Geschichte, wußte Bismarck, arbeitet präziser als die preußische Oberrechnungskammer, und tatsächlich hat sie es dahin gebracht, daß die Bundesrepublik sich der DDR schleichend annähert, allerdings ohne die Aussicht, daß jemand sie hinterher auffängt. 

Wir können damit aufhören, mit den Begriffen einer Demokratie zu argumentieren, denn diese existiert nur scheinbar. Wir befinden uns in einem Zustand der gesellschaftlichen Agonie und politischen Anomie, also Gesetzlosigkeit. Die Verträge – Maastricht! – sind erwiesenermaßen nichts wert, auch das Grundgesetz ist bloß eine Verfügungsmasse. Das Gesetz gilt nur dort uneingeschränkt, wo es sich zur Repression gegen den arbeitenden und steuerzahlenden Bürger eignet.

Bespitzelung, Überwachung und Denunziation

Die Politiker sind übrigens selber Getriebene und Funktionäre der Börsenkurse und Ratingagenturen und Teil einer internationalen Entwicklung, für die wir die treffenden Worte erst noch finden müssen. Fest steht aber, daß ein auf dieser bankrotten Währung aufgebauter europäischer Superstaat eine Zwangsgemeinschaft darstellt, gegen den sich alle besseren Instinkte wehren. Wer die Freiheit liebt, wird Gegenstrategien entwickeln, um sich wenigstens auf privater Ebene gegen Ausplünderung und Gleichmacherei zu wehren.

Der Superstaat wird daher aus Gründen des Selbsterhalts an die schlechten Instinkte appellieren. Bespitzelung, Überwachung, Denunziation und die Erfindung immer neuer Meinungsverbrechen werden zunehmen. Und der deutsche Demos? Der wird höchstens auf Fußball-Fanmeilen sichtbar. Für das, was ihm nun geschieht, ist er mitverantwortlich.

JF 27/12

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Marc Jongen, ESN Fraktion
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