Politik-Talkshows in den Öffentlich-Rechtlichen erfreuen sich nach wie vor großer Beliebtheit beim deutschen Fernsehpublikum. Politiker der AfD sucht man dort jedoch vergeblich. Die JF fragt AfD-Bundessprecherin Alice Weidel nach, wie sie das bewertet und wie relevant ARD und ZDF für ihre Partei noch sind.
Frau Weidel, wann wurden Sie eigentlich das letzte Mal in eine Talkshow von ARD oder ZDF eingeladen?
Alice Weidel: Das ist fast schon eine Frage für Historiker. Seit der Bundestagswahl gab es keine Einladung mehr.
Die beiden Sender weisen die Behauptung, es gäbe einen „AfD-Talkshow-Bann“, mit der Begründung zurück, Talkshows seien keine „Ersatzparlamente“ und es werde rein nach journalistischen Kriterien eingeladen. Ist das für Sie nachvollziehbar?
Weidel: Natürlich gibt es einen „Bann“. Frank Plasberg zum Beispiel hat sich ja sogar schon damit gebrüstet, Alexander Gauland nicht mehr einzuladen. Dieses vorgeschobene Pseudo-Argument ist ein billiger Trick, um davon abzulenken, daß die öffentlich-rechtlichen Sender ihre gesetzlich festgeschriebene Verpflichtung zur Ausgewogenheit und Neutralität schlicht mißachten. Und mit den „journalistischen Kriterien“ kann es auch nicht weit her sein, wenn ausgerechnet die Oppositionspartei, die in vielen Fragen die klarste und konsequenteste Gegenposition sowohl zu den Regierungsparteien als auch zur Kuschelopposition der Union bezieht, von den Diskussionen durchgehend ferngehalten wird.
Reicht es nicht aus, wenn die Nachrichtensendungen von ARD und ZDF über die Positionen der AfD berichten?
Weidel: Nein, das reicht natürlich nicht. Schon deswegen, weil die AfD auch in den Nachrichtensendungen seltener erscheint und schlechter wegkommt als die Konkurrenz. Vor allem aber: Die Pflicht zur ausgewogenen und neutralen Berichterstattung und Darstellung gilt für das gesamte Programm und nicht nur für einzelne ausgewählte Formate. Auch damit können sich die Sender also nicht herausreden.
„Ungleichbehandlung der AfD ist Angriff auf Chancengleichheit“
Braucht die AfD angesichts von Rekordzugriffen auf YouTube und in den sozialen Netzwerken den öffentlich-rechtlichen Rundfunk überhaupt als Bühne?
Weidel: Es stimmt: Soziale und alternative Medien ermöglichen uns, Wähler, Anhänger und potentielle Unterstützer direkt zu erreichen und so die angemaßte „Torwächter“-Funktion der etablierten Medien zu umgehen. Die erdrückende Dominanz der Öffentlich-Rechtlichen in der deutschen Medienlandschaft können wir dennoch nicht ignorieren. Wie die Welt kürzlich recherchierte, haben ARD, ZDF und Deutschlandradio allein mehr Geld zur Verfügung, als alle übrigen großen überregionalen Medien zusammen. Diese doppelte Wettbewerbsverzerrung können wir nicht einfach so hinnehmen. Die Ungleichbehandlung der AfD durch die Öffentlich-Rechtlichen ist ein massiver Angriff auf das demokratische Grundprinzip der Chancengleichheit.
Die öffentlich-rechtlichen Sender stehen derzeit im Mittelpunkt der Kritik. Glauben Sie, daß nun eine grundlegende Reform der Sender möglich ist?
Weidel: Wer einen Sumpf trockenlegen will, darf nicht die Frösche fragen. Die aufgescheuchten ARD-Intendanten versuchen jetzt hektisch, den RBB-Skandal um die Ex-Intendantin Patricia Schlesinger und die Veruntreuungsvorwürfe gegen sie als „Einzelfall“ abzutun. Vetternwirtschaft, Korruption und Selbstbedienungsmentalität gehören bei den obszön mit Zwangsgebühren gemästeten Öffentlich-Rechtlichen aber zum System. Eine Reform, die über Alibikosmetik hinausgeht, kann daher nur von außen kommen. Angesichts der tief verwurzelten Kumpanei zwischen Politik- und Medienestablishment setzt das allerdings auch einen grundlegenden Politikwechsel voraus.
AfD setzt auf Heimatfunk statt Öffentlich-Rechtlicher
Braucht es eigentlich überhaupt öffentlich-rechtliche Sender?
Weidel: Das Konzept stammt aus der Nachkriegszeit und hat sich in vielerlei Hinsicht überlebt. Wenn überhaupt, dann hat öffentlich-rechtlicher Rundfunk nur in einer in der Senderzahl drastisch reduzierten, auf ein Zehntel seiner jetzigen Größe gestrafften und auf wenige wesentliche Kernaufgaben beschränkten Form noch eine Existenzberechtigung.
Wie würde denn ein idealer öffentlich-rechtlicher Rundfunk aus Ihrer Sicht aussehen und wie würde der sich finanzieren?
Weidel: Die AfD hat dafür das Konzept eines „Grundfunk“ entwickelt: Ein schlanker, regional ausgerichteter Heimatfunk, der die Bürger neutral mit Nachrichten, kulturellen und Bildungsinhalten versorgt. Ein reformierter und entideologisierter öffentlich-rechtlicher Rundfunk muß aus freiwilligen Abonnentenbeiträgen statt aus Zwangsgebühren finanziert und von unabhängigen Aufsichtsgremien anstelle der politisierten und abgehobenen Rundfunkräte kontrolliert werden.
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Alice Weidel ist zusammen mit Tino Chrupalla AfD-Bundessprecherin und Fraktionsvorsitzende der Partei im Bundestag.