NIEDER-OLM. Die rheinland-pfälzische Verbandsgemeinde Nieder-Olm hat einen Passus von ihrer Website entfernt, der faktisch zum pauschalen Ausschluß von AfD-Kandidaten von der örtlichen Bürgermeisterwahl im März 2026 geführt hätte. Wie die JUNGE FREIHEIT zuvor exklusiv berichtet hatte, verlangte die Gemeinde von Bewerbern vor Wahlantritt unter anderem eine unterschriebene „Belehrung über die gesteigerte Pflicht zur Verfassungstreue“.
Dieses Erfordernis fand sich so in einer Checkliste für Bewerber auf Website der Gemeinde. Die konkrete Belehrung wiederum verlangte das Bekenntnis, nicht Mitglied einer „extremistischen Organisation“ zu sein, die in einer entsprechenden Liste des Verfassungsschutzes auftaucht. In dieser Liste findet sich auch die Alternative für Deutschland. Aus der Checkliste wurde die Zeile zur „Belehrung über die gesteigerte Pflicht zur Verfassungstreue“ nun entfernt. Der AfD-Bewerber Roberto Kiefer bestätigte der JF am Donnerstag, daß er darüber von der Kreisverwaltung informiert wurde.

Innenminister behauptete: „Bewußte Falschdarstellung“
Die JF konnte am Donnerstagnachmittag nachvollziehen, daß die Belehrung selbst inklusive Liste mit AfD allerdings nach wie vor auf der Website der Verbandsgemeinde hochgeladen ist. Sie findet sich unter einer Webadresse, die für die anstehende Bürgermeisterwahl eingerichtet wurde. Allerdings ist sie nicht per einfachem Klick über die Seite abzurufen. Die Gemeinde war am Donnerstagnachmittag zunächst nicht telefonisch für eine Stellungnahme zu erreichen.
Zuvor hatte Welt-TV den JF-Bericht aufgegriffen und den rheinland-pfälzischen Innenminister Michael Ebling (SPD) zum Interview vor die Kamera geholt. Ebling bestritt, daß es einen pauschalen Wahlausschluß für AfD-Kandidaten geben könnte. „Der Kandidat, der hier etwas moniert, moniert erkennbar etwas Falsches, weil er behauptet, die AfD sei ausgeschlossen; das stimmt einfach nicht.“ Ebling sprach von einer „vielleicht bewußten Falschdarstellung“.
Belehrung selbst existiert weiter
Der Innenminister behauptete, es würden zwei verschiedene Sachen vermischt: Das eine sei die Voraussetzung, die für einen Wahlantritt gelten. Über die Zulassung entscheide der Wahlausschuß und das habe nichts mit der Parteimitgliedschaft zu tun. Das andere sei die Voraussetzung, um als Beamter eingestellt zu werden. Was der Innenminister nicht erwähnte: Die Checkliste auf der Gemeinde-Website bezog sich ausdrücklich auf Wahlbewerber.

Daß die Gemeinde Nieder-Olm die Liste nun geändert und das Erfordernis zur Unterzeichnung der Belehrung daraus entfernt hat, bedeutet nicht, daß die Verwaltungsvorschrift selbst und die dazugehörige Liste mit der AfD darauf nicht mehr in Kraft ist. Die Vorschrift und die Liste stammt nicht von der Gemeinde, sondern war bereits im Juli vom Landesinnenministerium erlassen worden.
„Wer diese Erklärung verweigert und dadurch begründete Zweifel an der eigenen Verfassungstreue im Rahmen einer Einzelfallprüfung nicht ausräumen kann, wird nicht in den öffentlichen Dienst eingestellt“, teilte das Innenministerium seinerzeit mit. Dies gilt nach wie vor. Und es könnte den Amtsantritt eines potentiell gewählten AfD-Bürgermeisters nach der Wahl verhindern.
Vorgang sorgte für massive Kritik
Der Vorgang in Nieder-Olm hatte am Donnerstag scharfe Kritik ausgelöst. „Nach dem Skandal von Ludwigshafen, wo der Favorit von der Oberbürgermeisterwahl unter fadenscheinigen Gründen ausgeschlossen wurde, soll nun mit Roberto Kiefer in der Verbandsgemeinde Nieder-Olm der nächste Kandidat nicht zur Bürgermeisterwahl zugelassen werden – und zwar nur, weil er der AfD angehört“, sagte der Rheinland-Pfälzer EU-Abgeordnete Alexander Jungbluth (AfD). „Hier soll ganz klar ein Testballon zum Ausschalten aller AfD-Kandidaten gestartet werden.“ Der AfD-Bundestagsabgeordnete Tobias Teich sprach von „DDR-Methoden“.
In Ludwigshafen, ebenfalls in Rheinland-Pfalz, hatte der dortige Wahlausschuß im August den AfD-Kandidaten Joachim Paul von der Oberbürgermeisterwahl ausgeschlossen. Die anderen Parteien warfen ihm vor, nicht verfassungstreu genug zu sein, um für den Posten zu kandidieren. Um das zu belegen, bestellte die Stadt beim Verfassungsschutz ein Gutachten über Paul. Der Verfassungsgerichtshof lehnte eine Beschwerde Pauls gegen den Wahlausschluß später ab. (ser)





