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„Entlastungspakete“ der Ampel-Koalition: Pflästerchen statt Heilung

„Entlastungspakete“ der Ampel-Koalition: Pflästerchen statt Heilung

„Entlastungspakete“ der Ampel-Koalition: Pflästerchen statt Heilung

Kanzler Olaf Scholz (SPD) und Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP): An den eigentlichen Inflationsursachen könnte nur eine vernünftige Energie- und Geldpolitik etwas ändern
Kanzler Olaf Scholz (SPD) und Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP): An den eigentlichen Inflationsursachen könnte nur eine vernünftige Energie- und Geldpolitik etwas ändern
Kanzler Olaf Scholz (SPD) und Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP): An den eigentlichen Inflationsursachen könnte nur eine vernünftige Energie- und Geldpolitik etwas ändern Foto: picture alliance/Michael Kappeler/dpa
„Entlastungspakete“ der Ampel-Koalition
 

Pflästerchen statt Heilung

Unentwegt kündigt die Bundesregierung neue „Entlastungspakete“ an. Sie sind nicht mehr als Salbe für die klaffende Wunde der galoppierenden Geldentwertung. Für den gebeutelten Mittelstand hat Scholz offenbar wenig Anerkennung übrig. Ein Kommentar von Ulrich van Suntum.
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Eines muß man den Ampel-Politikern lassen: Sie verstehen es meisterhaft, von den Ursachen der Inflation und der Energieknappheit abzulenken. Medial erfolgreich präsentieren sie sich stattdessen als Retter der Mühseligen und Beladenen. Gefühlt alle drei Tage wird ein neues „Entlastungspaket“ angekündigt, so als ließe sich damit die mittlerweile galoppierende Geldentwertung aufhalten. Die Inflationsrate hatte im Mai mit fast acht Prozent eine Höhe erreicht, bei der sich die Spar- und Giroguthaben innerhalb von weniger als zehn Jahren im Wert halbierten. Aber nicht darüber wird in den Medien diskutiert, sondern über die Trostpflaster, die Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und seine Bundesgenossen den Bürgern zuteilen. Unwillkürlich taucht vor dem geistigen Auge das Bild einer fliehenden Gangsterbande auf, die ihre Verfolger mit hingeworfenen Fünfdollarscheinen abzuschütteln versucht.

Das funktioniert offenbar, denn eifrig wird in Presse, Funk und Fernsehen ausgerechnet, wer unter welchen Umständen wann und wieviel bekommt. Dabei ist vieles noch vage oder sogar gänzlich unsicher. So etwa die von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) ins Spiel gebrachte Erhöhung der Pendlerpauschale. Sachlich wäre sie dringend geboten, damit Berufspendler die teuren Spritkosten nicht auch noch als Einkommen versteuern müssen. Aber schon lamentiert der grüne Koalitionspartner, das sei unökologisch und unsozial. Dabei ist das Autofahren inzwischen teurer geworden, als es sich die Grünen in ihren kühnsten Träumen hätten ausmalen können.

Tankrabatt hat Kraftstoffpreise nur wenig gedämpft

Daran ändert auch der seit dem 1. Juni geltende sogenannte Tankrabatt nicht viel. Zum einen soll er bereits Ende August wieder auslaufen. Zum anderen hat er die steigenden Preise von Benzin und Diesel ohnehin nur etwas gedämpft. Besser wäre es gewesen, die Steuern und Abgaben auf Kraftstoffe dauerhaft zu senken, solange die extreme Energieknappheit anhält. Die staatlich verursachten Preisaufschläge machen bei Benzin einschließlich Mehrwertsteuer satte 86,5 Cent pro Liter aus, bei Diesel sind es 65,5 Cent. Dabei wäre selbst eine Halbierung der Steuersätze ökologisch weitgehend unbedenklich. Denn die Nachfrage nach Pkw-Kraftstoff ist relativ unelastisch, das heißt preiswerterer Kraftstoff erhöht nur wenig die gefahrenen Kilometer. Das gilt erst recht bei den aktuell schwindelerregenden Preisen.

Grundsätzlich vertretbar ist die neueste Ampel-Idee, der Heizkostenzuschuß. Er soll als einmalige Zahlung überwiesen werden und sich nach der Personenzahl im Haushalt richten. Damit bleibt grundsätzlich der Anreiz erhalten, Energie zu sparen. Allerdings kommen nur Wohngeldempfänger, bedürftige Auszubildende und BAföG-Bezieher in den Genuß. Das sind insgesamt rund 1,6 Millionen Personen, also nur etwa zwei Prozent der Bevölkerung. Hartz-IV-Empfänger erhalten ohnehin jährlich einen Inflationsausgleich und sollen zudem durch das geplante Bürgergeld nochmals bessergestellt werden.

Alle anderen aber müssen selbst sehen, wie sie mit den explodierenden Heizkosten fertig werden. Insbesondere für den bürgerlichen Mittelstand hat Respekt-Kanzler Scholz offenbar wenig Anerkennung übrig. Dabei sind gerade sie als Sparer besonders stark vom Geldwertverlust betroffen. Sie tragen zudem den Löwenanteil der Steuereinnahmen, aus denen all die Wohltaten finanziert werden. Aber das zählt wohl nicht viel.

Rentner und Pensionäre gehen leer aus

Besser wäre es gewesen, ähnlich wie bei der Energiekostenpauschale vorzugehen. Diesen – ebenfalls nur einmaligen – Zuschuß von 300 Euro erhalten alle Beschäftigten, müssen ihn aber versteuern. Dadurch fällt der effektive Entlastungsbetrag automatisch umso höher aus, je weniger man verdient. Umständliche Erhebungen und Berechnungen dazu wie bei der Heizkostenpauschale entfallen daher. Unklar ist allerdings noch, ob beziehungsweise wie Selbständige dabei einbezogen werden. Rentner und Pensionäre gehen aber in jedem Falle leer aus.

Insgesamt verteilt die Regierung mit diesen Maßnahmen ohnehin nur weiße Salbe. An den eigentlichen Inflationsursachen könnte dagegen nur eine vernünftige Energie- und Geldpolitik etwas ändern. Auch das geht allerdings nicht von heute auf morgen, dazu wurden in der Vergangenheit zu viele und schwere Fehler gemacht. Es wäre billig, dies allein der Vorgängerregierung zuzuschieben. Denn die Ampel-Parteien haben dabei eifrig mitgemacht. Gerade die Grünen waren sogar oft die treibende Kraft, etwa was die sogenannte Energiewende betrifft. Darüber sollten auch noch so fleißig geschnürte „Entlastungspakete“ nicht hinwegtäuschen.

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Prof. Dr. Ulrich van Suntum ist Volkswirt, lehrte von 1995 bis 2020 an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster und war Generalsekretär des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (der sogenannten Wirtschaftsweisen).

Kanzler Olaf Scholz (SPD) und Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP): An den eigentlichen Inflationsursachen könnte nur eine vernünftige Energie- und Geldpolitik etwas ändern Foto: picture alliance/Michael Kappeler/dpa
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