Offen gestanden, ist mir dieser Variationsreichtum Berlins immer schon suspekt gewesen. Habe Anfangs der 1990er an der Humboldt-Uni studiert. Im Ostteil der Stadt war damals von einer öffentlich schwulenfreundlichen Stimmung wenig zu spüren. Aber es fing an. Der Westteil Berlins war mir auch damals schon zu dekadent – weswegen ich ja im „alten“ Ostberlin studierte. Jetzt ist ganz Berlin und besonders der geschätzte Bezirk Mitte von dieser Christopher-Street-Stimmung erfüllt. Ich bedaure das. Das heisst nicht, dass ich muslimische Angriffe befürworte. Aber verstehen kann ich diese Zuwanderer, die aus einem völlig patriarchalischen Umfeld kommen. Indem „wir“ – also vor allem die Wessis – diese Neubürger 2015 willkommen geheissen haben, haben wir zugleich auch ihren robusten Demontrationsstil willkommen geheissen. Wer A sagt, sagt auch B. Wie wird das Problem widersprüchlicher Traditionsauffassungen auf dem engen deutschen Heimatboden gelöst? Solange unser Vaterland nicht richtig frei ist, ist keine durchgreifende Befriedung möglich. Der Preis der Toleranz ist ihre mangelnde Wehrhaftigkeit. Nietzsches blinzelnde Menschen am Strand sind nicht auf Verteidigung ausgelegt.