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Amazon-Serie „Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“: Unterhaltung statt warnendem Zeigefinger

Amazon-Serie „Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“: Unterhaltung statt warnendem Zeigefinger

Amazon-Serie „Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“: Unterhaltung statt warnendem Zeigefinger

Die Protagonisten der Amazon-Serie "Wir Kinder vom Bahnhof Zoo" Foto: picture alliance / Constantin Television GmbH
Die Protagonisten der Amazon-Serie "Wir Kinder vom Bahnhof Zoo" Foto: picture alliance / Constantin Television GmbH
Die Protagonisten der Amazon-Serie „Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“ Foto: picture alliance / Constantin Television GmbH
Amazon-Serie „Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“
 

Unterhaltung statt warnendem Zeigefinger

Der Spielfilm „Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“ war für Zuschauer 1981 noch schockierend mit seiner Darstellung des Lebens minderjähriger Drogensüchtiger. Die nun von Amazon Prime Video präsentierte gleichnamige Serie setzt andere Schwerpunkte. Statt Ekel und Elend sieht der Zuschauer die Protagonisten durch einen Glamour-Filter.
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Ähnlich verstörend realistische Szenen aus dem Leben eines Drogenabhängigen gab es bereits vor dem Film „Trainspotting“ in der Verfilmung von „Christiane F. – Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“ aus dem Jahre 1981. Das Buch von Christiane Felscherinow stand monatelang auf der Sachbuchbestsellerliste ganz oben und wird in den achtziger und neunziger Jahren fast jedem Schüler im Unterricht begegnet sein. Allein der Film lockte über vier Millionen Besucher in die Kinos.

Die ursprüngliche Geschichte noch einmal kurz zusammengefaßt: Im Berlin der siebziger Jahre gerät die Clique um die 13jährige Christiane F. in den Drogensumpf und allen damit verbundenen Folgen. Dazu gehören Themen wie Beschaffungskriminalität, sozialer und körperlicher Verfall, der schlußendlich in den Tod führt. Die Geschichte um Christiane F. war das Abschreckungsmittel schlechthin, um Heranwachsende vor Heroin und dessen Folgen zu warnen. Unvergessen die Szenen, als sich ein Fixer in einer dreckigen Berliner Toilette einen Schuß setzt und das Blut aus der Vene tropft.

Oder wenn Christianes Freund Benno vor ihren Augen mit einem Freier Sex hat, obwohl er ihr versichert hatte, niemals so tief zu sinken. Man schaute diesem Treiben mit einer Mischung aus Faszination und Entsetzen zu. Doch seit den Erfolgen von „Breaking Bad“ und „Narcos“ weiß man, daß diese Serien nicht der Aufklärung, sondern der Unterhaltung dienen. Das macht die nun von Amazon aufgelegte Serie „Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“ nicht anders.

Glamour ersetzt den Ekelfaktor

Sie erzählt jetzt nicht allein Christianes (Jana McKinnon) Geschichte, sondern die jedes einzelnen Mitglieds der Clique. Dazu gehören Stella (Lena Urzendowsky), Babsi (Lea Drinda), Christianes Freund Benno (Michelangelo Fortuzzi), Axel (Jeremias Meyer) und Michi (Bruno Alexander). Zwar wird man wie in der Filmvorlage von 1981 auch wieder Fixer und Stricher sehen, doch der Ekelfaktor wurde durch den Glamourfaktor ersetzt. Drogenkonsum ist hier nicht abstoßend, sondern die logische Folge, nachdem einige Dinge im Leben der Protagonisten unverschuldet schieflaufen.

Benno geht auf den Strich, um die Operation für seinen todkranken Hund bezahlen zu können, jedoch kommt die Hilfe zu spät. Benno ist todunglücklich und greift zu den Drogen. Stella hat eine Alkoholikerin und Kneipenbesitzerin zur Mutter, opfert sich für diese und ihre beiden Geschwister auf. Nachdem sie von einem Stammgast vergewaltigt wird und die Mutter ihr die Schuld gibt, beginnt ihre Drogenkarriere, die sie später zur Zuhälterin werden läßt.

Babsi kommt aus reichem Hause, kann den Selbstmord ihres Vaters nicht verkraften und rebelliert gegen ihre Großmutter und ihre Umgebung, die sie mehr als Gefängnis ansieht. Axel ist der „Normalo“ und Vorzeige-Azubi, bei dem lange nicht klar wird, warum er überhaupt Drogen konsumiert. Und zu guter Letzt ist da noch Michi, der unglücklich in Benno verliebt ist, aber auch vorher schon harte Drogen konsumiert hat.

Wer die Serie unter der Prämisse einer Aufklärungsserie à la „Finger von den Drogen“ anschaut, der wird enttäuscht werden. Für den Schulunterricht ist diese Neuinterpretation des Produzenten Oliver Berben und des Regisseurs Philipp Kadelbach vollkommen ungeeignet.

Der Weg in den Niedergang wird nur angedeutet

Stattdessen bekommt man eine glamouröse und wie durch einen Instagram-Filter gejagte Fassung zu sehen. Die Diskothek „Sound“ aus dem Original gibt es immer noch. Die Außenfassade erinnert an das Original, aber das Innere ist einem modernen Tanztempel mit Neonlichtern gewichen. Kein dreckiger Boden, schummriges Licht und auch die Kleidung wirkt wie aus dem H&M. Die Christiane F. von 1981 wurde von der damals erst selbst dreizehnjährigen Natja Brunckhorst gespielt. Und man sah, dass Brunckhorst eine verunsicherte Minderjährige, um nicht zu sagen Kind, spielt, die sich mithilfe von Makeup und Kleidung in eine Diskothek geschlichen hat.

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Die Amazon-Prime Christiane F. sieht nicht nur älter aus, sondern stolziert durch das „Sound“ wie ein Modell aus Heidi Klums „Germany’s Next Topmodel“ und ist dementsprechend gekleidet. Überhaupt sehen alle Darsteller immer top gestylt und frisch aus und verkörpern starke Charaktere. Daß sie auf dem Weg in einen sozialen Niedergang sind und einem körperlichen und seelischen Verfall entgegensehen, wird am Rande angedeutet oder gar konterkariert.

Ein schaler Beigeschmack bleibt

Als zuerst Stella und dann später auch Babsi zu einem Pädophilen ziehen und als Gegenleistung für Kosten, Logie und Drogen mit ihm Sex haben müssen, wird dies zu sehr als eigenständige Entscheidung einer starken Stella und zu wenig als letzter Ausweg eines gebrochenen Kindes dargestellt. Nach jedem Drogentrip sind die Protagonisten schon auf den Beinen und ziehen durch das bunte Berlin, dabei immer begleitet von einem zeitgenössischen Soundtrack.  Zumindest in den ersten Folgen. Natürlich darf auch der Besuch des David Bowie Konzerts nicht fehlen.

Die Serie hat seine Stärken und – wenn man sich von der Vorlage und deren Motivation emanzipiert – bekommt man stellenweise gute Unterhaltung. Trotzdem schwingt nach acht Folgen der schale Beigeschmack mit, daß Drogenkonsum ein wenig zu schick und cool dargestellt wird.

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„Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“, eine Staffel mit acht Folgen auf Amazon Prime Video.

Die Protagonisten der Amazon-Serie „Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“ Foto: picture alliance / Constantin Television GmbH
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