TÜBINGEN. Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer (Grüne) hat die fehlende Debatte über die Gewalt von Einwanderern aus politischen Gründen kritisiert. „Die Erkenntnisse über die Struktur der Gewaltkriminalität von Asylbewerbern würden eigentlich eine Debatte über notwendige Konsequenzen dringend erforderlich machen“, schrieb Palmer am Mittwoch in einem Gastkommentar in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.
Dazu käme es aber nicht, „weil jeder Versuch, eine solche Debatte zu führen, als rechtspopulistisch abgetan und als angeblich rassistisch delegitimiert wird“. Es sei nach dem Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke (CDU) zurecht über „weitreichende Konsequenzen für den Sicherheitsapparat“ diskutiert worden. Genauso müsse man nun aber beispielsweise darüber sprechen, ob Mehrfachstraftäter in Landeseinrichtungen untergebracht werden sollen statt in „völlig überforderten Kommunen“.
So wie AfD-Anhänger auf dem rechten Auge blind seien, gelte auch, „daß viele, die sich für weltoffen und tolerant halten, auf dem linken Auge blind sind“, verdeutlichte der Grünen-Politiker. „Wenn Asylbewerber zu Tätern werden, so verharmlosen sie dies als Einzelfälle, leugnen die Fakten der Kriminalstatistik und bestreiten jede politische Relevanz.“
Mordfall Stuttgart sei kein Einzelfall
Dahinter stecke eine Weltsicht, in der „Angehörige von Opferidentitäten, besonders Schwarze, aber auch Flüchtlinge allgemein“ immer als schutzbedürftig eingestuft würden, selbst wenn sie Mörder oder Vergewaltiger seien.
„Hätte ein Neonazi mit dem Schwert einen Afrikaner erschlagen, würden dieselben Leute längst Konzerte gegen rechts auf dem Cannstatter Wasen veranstalten“, schrieb Palmer mit Blick auf den Mordfall Stuttgart. In der baden-württembergischen Landeshauptstadt hatte ein als „falscher“ Syrer eingewanderter jordanischer Palästinenser einen Deutsch-Kasachen am helllichten Tag mit einem Schwert massakriert.
Der Stuttgarter Mord sei kein Einzelfall, sondern habe Gemeinsamkeiten mit anderen schweren Straftaten, betonte Palmer. „Der Täter kam zur Zeit weitgehend offener Grenzen, er verschleierte erfolgreich seine Identität und hätte gar nicht im Land sein dürfen, er fiel bereits mehrfach durch Körperverletzung, Diebstahl und Sachbeschädigung auf, die daraus folgenden Ermittlungsverfahren wurden eingestellt.“
Kritik an Medien
Zudem kritisierte der Grünen-Politiker Medien wie den Deutschlandfunk, die die Tat verschwiegen hatten. Ein Land, das anderthalb Millionen Flüchtlinge aufgenommen habe, müsse sich auch über die negativen Folgen dieses „humanitären Aktes“ klarwerden.
Palmer sorgt regelmäßig mit einwanderungskritischen Äußerungen für Aufsehen. Ende Mai hatte er angekündigt, sich in einwanderungspolitischen Fragen zurückzuhalten, da er die Anschlußfähigkeit an die Milieus verloren habe, aus denen er stamme. Zuvor hatte ihm Parteifreundin Claudia Roth den Austritt aus der Grünen-Partei nahegelegt. (ls)