BERLIN. Die Große Koalition stand wegen der Personalie Hans-Georg Maaßen kurz vor dem Auseinanderbrechen. Das schrieb CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer in einem Brief an die Parteimitglieder. Die Gefahr habe „konkret im Raum“ gestanden, „mit allen dramatischen Konsequenzen bis hin zu Neuwahlen“, heißt es in dem Schreiben.
Ihr sei bewußt, daß die Versetzung Maaßens als Staatssekretär ins Innenministerium „Fragen hervorruft – wenn nicht sogar auch Unverständnis, Kopfschütteln und Ablehnung“. Die SPD habe mit der Forderung nach einer Entlassung Maaßens den Fortbestand der Koalition verknüpft. Es sei aber „unbestritten, daß Herr Maaßen über eine ausgewiesene Expertise in Sachen öffentlicher Sicherheit und Terrorabwehr verfügt, auf die insbesondere das Bundesinnenministerium nicht verzichten wollte“.
Kühnert fordert Ende der Koalition
Unterdessen hat SPD-Chefin Andrea Nahles den Verbleib ihrer Partei in der Koalition verteidigt. „In der Abwägung ist es Herr Maaßen nicht wert, daß wir nicht mehr handlungsfähig sind und Neuwahlen ausrufen müssen“, sagte sie im heute-journal. Ihr Bekenntnis zur Regierung verband sie mit scharfer Kritik an Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU).
Der Innenminister habe es geschafft, in wenigen Monaten zweimal die Regierung in eine veritable Regierungskrise zu führen. „Ich finde das schwer erträglich, und ich halte das auch für falsch.“ Maaßen sei „für dieses Amt ungeeignet“, er habe „das Vertrauen verspielt“. Sie verstehe, daß die Leute verärgert sind.
Juso-Chef Kevin Kühnert hatte zuvor den Fortbestand der Koalition infrage gestellt. „Wenn die Arbeitsgrundlage dieser Koalition aber nur noch das Befinden der CSU ist, dann muß sich die SPD ganz klar die Sinnfrage stellen: Warum sollten wir jetzt noch Teil dieser Koalition bleiben?“
Lauterbach beleidigt Maaßen
SPD-Vize Ralf Stegner kommentierte die Entscheidung der Parteispitzen vom Dienstag mit den Worten: „Mit Seehofer und seinen Eskapaden haben wir uns die Pest an Bord geholt.“ Auch SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach gab Seehofer die Schuld und beleidigte Maaßen auf Twitter: „Diese Empörung verstehe ich sehr gut. Aber Seehofer befördert die Lusche, wir haben ihn aus dem Amt gejagt.“
Bereits gestern hatte sich der frühere SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel zu Wort gemeldet. „Wenn Illoyalität und Unfähigkeit im Amt jetzt mit Karrieresprüngen belohnt werden, dann hat Horst Seehofer die Chance, noch UN-Generalsekretär zu werden“, teilte Gabriel mit. „Das ist doch irre.“(tb)