Wo der Mann mal recht hat, hat er recht. Bundespräsident Joachim Gauck findet einen Ministerpräsidenten aus den Reihen der mehrfach umbenannten Staatspartei der „DDR“-Diktatur schwer verdaulich und fragt sich vorsichtig, ob die Linkspartei schon so weit weg sei von den Vorstellungen, die die „SED einst hatte bei der Unterdrückung der Menschen hier“.
Das ist die Partei, in der sich neben alten Stasi- und Nomenklatura-Gesichtern auch allerhand linksextreme Spinner, Salonrevoluzzer und Terrorsympathisanten aus Ost und West tummeln, tatsächlich nicht; der demnächst wohl erste kommunistische Regierungschef eines Bundeslandes besteht ja selbst darauf, daß seine Partei nicht die „Nachfolgepartei“ der SED sei, sondern ebendiese selbst.
Wunschträume
Bezeichnend, daß sich gerade diejenigen über die „ungehörige“ Nicht-Neutralität des Bundespräsidenten empören, wenn mal an ihrem eigenen demokratischen Tarnanstrich gekratzt wird, die vorher nichts dabei gefunden hatten, wenn die rechtsextreme Konkurrenz eins mitbekam.
Wenn es nach den Bürgern ginge, dürfte der Bundespräsident wohl öfter und noch deutlicher zu politischen Grundsatzfragen Stellung beziehen. Wer, wenn nicht er, könnte gegen den Einheitsbrei der politisch-medialen Klasse die Enteignung der Sparer durch die Euro-„Retter“ anprangern? Oder den schamlosen Mißbrauch unserer Hilfsbereitschaft und Gastfreundschaft durch dreiste Asylbetrüger?
Wunschträume, schon klar. Wenn’s ans Eingemachte geht, bleibt ein Joachim Gauck mucksmäuschenstill oder predigt entlang der Leitplanken des politisch Korrekten. Wäre auch zu schön, um wahr zu sein, wenn dem zaghaft in eine diplomatische Ich-Botschaft verpackten Seitenhieb auf die neue rot-rote Einheitsfront weitere Paukenschläge folgen sollten.
Der Bürger kommt in der Kalkulation nicht vor
Die Machtverhältnisse stehen dagegen. Der Bundespräsident wird von der politischen Klasse installiert, er weiß, wes Brot er ißt und wes Lied er zu singen hat. Der Bürger und Steuerzahler, der die Rechnung am Ende begleichen muß, kommt in dieser Kalkulation nur am Rande vor.
Wer sich einen Bundespräsidenten wünscht, der der politischen Klasse öfter mal als Korrektiv auf die Finger klopft und ihre trübe Konsenssoße kräftig durcheinanderrührt, der muß dafür eintreten, daß der höchste Repräsentant des Volkes auch vom Volk direkt gewählt wird. Daß man auf der Linken schon darüber nachdenkt, das Amt des Staatsoberhaupts abzuschaffen, unterstreicht nur die Notwendigkeit seiner Stärkung. Ein Präsident des Volkes wird weiter dringend gesucht.