Als bedeutsame Völkerstraße hat die Donau die europäische Geschichte mitgeprägt: als Route der Nibelungen und Kreuzfahrer, vor allem aber als Lebensader der zehn Anrainerstaaten. Über knapp 2.900 Kilometer windet sich der Fluß vom Südosten des Kontinents in dessen Zentrum. Im östlichen Schwarzwald entspringend, mündet der Strom in einem 4.300 Quadratkilometer großen Delta ins Schwarze Meer. Wenn sein von Auwäldern und Sumpfniederungen flankiertes Bett heute von düsteren Gewitterwolken bedroht wird, hat dies nichts mit dem Wetter zutun. Die ihm sein Bett abgraben wollen, sitzen im weit entfernten Brüssel. Seit Jahren schon sind den Anhängern des freien Warenverkehrs die frei fließenden Strecken der Donau ein Dorn im Auge. „Vertiefen, regulieren und stauen“ sind die Alternativen, welche die Befürworter einer „zeitgemäßen Schiffahrtsstraße“ dem bis heute bewahrten Charakter des von Johann Strauß als „schöne blaue Donau“ im Dreivierteltakt verewigten Flusses entgegensetzen. Der Preis für die geforderte Vertiefung wäre der Verlust dieser Ursprünglichkeit und zahlreicher landschaftlicher Kleinode zwischen Immendingen, dem Eisernen Tor und der seenreichen Balta. Die geplanten Regulierungen erstreckten sich in vier Teilabschnitten über mehr als die Hälfte des gesamten Stromlaufes. Im Falle ihrer Umsetzung bliebe die ökologische Vernunft auf der Fließ-Strecke, die sensiblen Gefüge der Auen und Altarme würden weitgehend zerstört, ein ausgebaggerter, im Temporausch der Zeit durch sein verbetoniertes Korsett jagender Kanal bliebe zurück. TEN-T (Transeuropäische Netzwerke für Transport) heißt das EU-Projekt, in dessen Rahmen der Donau-Ausbau erfolgen soll. Ziel ist, die „Flaschenhälse“ genannten Fahrtiefen-Engpässe zu beseitigen, an denen die Navigation für große Schiffe besonders schwierig ist. Zunächst soll der Abschnitt Wien-Preßburg in Angriff genommen werden. Wird dieses Projekt verwirklicht, wäre es der Startschuß für die Zerstörung von über 1.000 Kilometern ökologisch wertvoller Donau-Abschnitte. Gemäß einem vom Wiener Verkehrsministerium verabschiedeten Vorschlag soll die Donau östlich von Wien von derzeit 2,20 auf 2,80 Meter vertieft werden. Die geltenden Empfehlungen der Donau-Kommission sehen lediglich 2,50 Meter vor, was für die noch unverbauten Naturgebiete einigermaßen verträglich wäre. Insgesamt sind von den Ausbauplänen der EU drei Nationalparks, elf Ramsar-Schutzgebiete und zahlreiche „Natura 2000“-Gebiete betroffen, ebenso das Weltkulturerbe Wachau. Zwischen Rumänien und Bulgarien würden die erst kürzlich entdeckten Laichgebiete der großen Störe zerstört. Nach EU-Diktion heißt die Donau bereits „Paneuropäischer Transport-Korridor VII“ – Donauromantik ist Brüssels Sache nicht. Wann und wie mit dem Ausbau begonnen wird, steht noch nicht endgültig fest – Zeit genug, um noch Widerstand dagegen zu organisieren.