Das Jahrbuch Ökologie ist mit der Ausgabe für 2001 im zehnten Jahrgang erschienen. Es informiert einmal mehr über die ökologische Situation und die Belastungstrends in den unterschiedlichen Bereichen der natürlichen Umwelt. Dazu gehört vorwiegend etwa der internationale Bodenschutz oder der Stand der Dinge bei der Vermeidung von Emissionen und Abfällen. So weit, so klassisch und solide.
Dagegen nimmt sich das erste Kapitel unkonventionell aus, nimmt es sich doch unter anderem dem Bild der Natur bei Günter Grass an. Dabei wird deutlich, daß Grass immer einen Riecher für Themen mit Zeitgeistkonjunktur hat. Denn der Nähe von Grass zu Adornos Diktum vom verbotenen Dichten nach Auschwitz folgte zur rechten Zeit die Hinwendung zum Komplex der atomaren Drohung im Kalten Krieg sowie der Umweltzerstörung in den siebziger und achtziger Jahren.
Die Herausgeber Günter Altner, Barbara Mettler von Meibom, Udo E. Simonis und Ernst U. von Weizsäcker, die sich teilweise selbst der SPD zurechnen, wollen seit Erscheinen des ersten Bandes stets auch die staatliche Umweltpolitik analysieren und kritisieren – das war all die Jahre die der CDU/CSU und FDP. Mittlerweile gilt das Interesse mit den veränderten Machtverhältnissen in Bonn bzw. Berlin der rot-grünen Umweltpolitik. Der Politikwissenschaftler Martin Jänicke nimmt zurückhaltend bis moderat eine erste Bewertung vor. In einzelnen Bereichen müsse man bei Rot-Grün durchaus Pionierleistungen ausmachen (z. B. in der Energiepolitik), oftmals aber auch nur Durchschnittlichkeit bescheinigen (z. B. im Naturschutz). Klaus Töpfer wird rückblickend bescheinigt, eine gar nicht so schlechte Arbeit gemacht zu haben. Weitere Themen sind die EU-Osterweiterung unter Umweltgesichtspunkten – hier greift beispielsweise Günter Verheugen zur Feder. Ermutigungen für desillusionierte Umweltschützer fehlen ebensowenig wie der nimmermüde Hermann Scheer mit seinem Plädoyer für ein Solarzeitalter. Dem geht ein Szenario von der Möglichkeit eines weltweiten Atomausstiegs bei gleichzeitigem globalen Klimaschutz voraus. Diese beiden letztgenannten Beiträge ergänzen sich mehr, als daß sie einen Disput markieren, wie es die Kapitelüberschrift verspricht. Spannend ist die Analyse über die Dominanz der USA im Kyoto-Protokoll. Ein Ausflug nach Italien wird ebenfalls angeboten, um dort einen Blick auf das Geschehen am autofreien Sonntag zu werfen.
Der zehnten Nummer des Jahrbuch Ökologie fehlen leider die brisanten Themen und hitzigen Dispute, die die Ausgaben der Vorjahre kennzeichnen. Die Literaturbetrachtung (Günter Grass) ist jedoch eine willkommene Abwechslung zu den sonst eher politikwissenschaftlichen Abhandlungen. Dies dürfte im nächsten Jahr lieb und gerne eine Fortsetzung finden, etwa mit einem Blick in die Werke von Martin Walser.
Jahrbuch Ökologie 2001, Beck Verlag, München 2000, 302 Seiten, Abb., 24,90 Mark