BERLIN. Der Antrag für ein Verbot der AfD soll nun doch kommende Woche im Bundestag debattiert werden. Einer der Initiatoren, der CDU-Politiker Marco Wanderwitz, begründete den Schritt damit, daß die AfD „bei ihrer ständigen Radikalisierung“ immer „unverhohlener auch geschichtsrevisionistische Positionen“ äußere, wie etwa „Frau Weidel, daß Hitler Kommunist gewesen sei“, wie die dpa berichtet.
Der Schritt, „nun endlich den Antrag zu stellen“, sei „inzwischen tatsächlich alternativlos“. Der Bundestag müsse den Weg nach Karlsruhe freimachen.
Über ein Jahr hatte Wanderwitz – der seinen Wahlkreis an die AfD verloren hatte – parteiübergreifend Unterschriften für ein Verbotsverfahren gesammelt. Mehr als 100 Bundestagsabgeordnete sollen den Antrag unterschrieben haben, darunter Carmen Wegge (SPD), Till Steffen (Grüne) und Martina Renner (Linkspartei).
Verbotsantrag braucht Mehrheit im Parlament
Ein Parteienverbot kann vom Bundestag, der Bundesregierung oder dem Bundesrat beim Bundesverfassungsgericht beantragt werden. Sollte eine Mehrheit der Bundestagsabgeordneten dem Antrag zustimmen, würde das Verfassungsgericht ein Verfahren eröffnen.
Ob diese Mehrheit erreicht werden kann, ist unklar. Von den derzeit 744 Abgeordneten haben lediglich 124 ihre klare Zustimmung zum Antrag gegeben. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte sich im Dezember gegen ein Verbotsverfahren ausgesprochen. Zunächst solle der Verfassungsschutz mehr Material über die Partei sammeln. „Das Schlimmste wäre ein Verfahren, das man beantragt, das mehrere Jahre dauert und wo es dann am Ende schiefgeht“, sagte Scholz damals.
Auch der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei (CDU), gab an, rechtliche und politische Bedenken gegen den Verbotsantrag zu haben. Es ermögliche der AfD, sich als „Märtyrer“ in Szene zu setzen, sagte Frei vergangenen August.
Verfassungsrechtler: Wanderwitz-Antrag ist fragwürdig
Auch bei anderen Abgeordneten gibt es Zweifel an der Erfolgsaussicht des Antrags. Im November hatte eine Gruppe von Abgeordneten rund um die Grünen-Politikerin Renate Künast eine interne Konferenz abgehalten, in der das mögliche Verbotsverfahren besprochen werden sollte. Darin kritisierte der Berliner Verfassungsrechtler Christoph Möllers den Wanderwitz-Entwurf als „fragwürdig“, wie das österreichische Magazin Freilich berichtete.
Künast schlug vor, zunächst Gutachter zu beauftragen, die die Wahrscheinlichkeit eines AfD-Verbots bewerten sollen. Es brauche belastbare Beweise gegen die Partei.
Sollte der Antrag eine Mehrheit erlangen, müßte das Verfassungsgericht beurteilen, ob der AfD ein aktives und kämpferisch-aggressives Vorgehen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung des Staates nachzuweisen ist. Dafür müßten unter anderem sämtliche vom Verfassungsschutz in der Partei installierten V-Männer zurückgezogen werden. In der Geschichte der Bundesrepublik wurden bislang erst zwei Parteien verboten: die rechtsextreme „Sozialistische Reichspartei“ im Jahr 1952 und die linksextreme „Kommunistische Partei Deutschlands“ im Jahr 1956. (lb)