BERLIN. Union und SPD werden kommende Woche in den alten Bundestag drei Anträge zu Grundgesetzänderungen einbringen. Damit sollen zwei sogenannte Sondervermögen und eine Änderung der Schuldenbremse in die Verfassung geschrieben werden. Das haben die Parteichefs Friedrich Merz (CDU), Markus Söder (CSU), Lars Klingbeil und Saskia Esken (beide SPD) am Abend vor der Presse verkündet.
Konkret heißt das:
- Alle Ausgaben für den Verteidigungshaushalt, die über ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) liegen, werden nicht mehr aus dem laufenden Etat, sondern über ein Sondervermögen finanziert. Wie hoch das sein soll, ließen alle vier Parteivorsitzenden offen. Merz sagte, „What ever it takes“. Söder ergänzte „No Limit!“ Die vorher kolportierten 500 Milliarden könnten daher auch deutlich überschritten werden.
- Das „Sondervermögen Infrastruktur“ soll 500 Milliarden Euro betragen und über zehn Jahre laufen. Damit soll in Verkehr und Schiene investiert werden. 100 Milliarden Euro davon erhalten die Landesregierungen für Investitionen.
- Die Schuldenbremse für die Bundesländer wird auf 0,35 Prozent über dem BIP angehoben. Die Länder können sich damit wieder verschulden. Bislang lag die Grenze bei null Prozent. Dafür soll der alte Bundestag ebenfalls noch schnell das Grundgesetz ändern.
- Doch dabei soll es nicht bleiben: Bis zum Jahresende will die neue Regierung die im Grundgesetz festgeschriebene Schuldenbremse grundsätzlich reformieren, wie SPD-Chef Klingbeil betonte.
Rekordschulden mit Weltlage begründet
Merz begründete das hastige Vorgehen damit, daß sich seit der Bundestagswahl vor neun Tagen die „Rahmenbedingungen noch einmal verändert“ haben: „Es überschlagen sich die politischen Ereignisse“, sagte der CDU-Chef, der im Wahlkampf noch jede Aufweichung der Schuldenbremse ausgeschlossen hatte. Er bezog sich dabei auf die Auseinandersetzung zwischen US-Präsident Donald Trump und dessen ukrainischen Amtskollegen Wolodymyr Selenskyj am vergangenen Freitag im Weißen Haus.

Es gebe, so Merz, „eine weiter zunehmende Bedrohungslage“. Daher unternehme man „sehr große Anstrengungen, um die Verteidigungsfähigkeit zu stärken“.
Bisher wurden 1,7 Prozent des Verteidigungsetats aus dem laufenden Haushalt bezahlt. Die Regierung gewinnt durch das neue Sondervermögen also 70 Prozent mehr Geld aus dem Wehretat, das sie nun für andere Projekte ausgeben kann. Auch die Gelder der Ministerien für Bauen und Verkehr werden nun für andere Dinge frei, weil diese ihre Investitionen aus dem sogenannten Sondervermögen bezahlen werden.
SPD zeigt sich „sehr zufrieden“
SPD-Chef Lars Klingbeil zeigte sich „sehr zufrieden“ und sagte, was man mit der Union beschlossen habe, habe die SPD seit langer Zeit gefordert. Dies sei „ein guter Auftakt“ der Sondierungen.
Markus Söder brachte die Beschlüsse mit einem Satz auf den Punkt: „Wir rüsten komplett auf!“
Für die drei Grundgesetzänderungen brauchen Union und Sozialdemokraten mit den Grünen eine Zweidrittel-Mehrheit im Bundestag. Da diese in der neuen Legislaturperiode nicht mehr vorhanden ist, wollen sie nun den abgewählten Bundestag einberufen. Dieser soll den Beschlüssen zustimmen. Das neue Parlament könnte sich bereits früher, muß sich laut Verfassung aber erst bis spätestens 25. März konstituieren. Diese Frist nutzen die drei Fraktionen nun aus. (fh)