BERLIN. SPD-Chefin Saskia Esken hat die Ankündigung Jens Spahns, Asylbewerber an den deutschen Grenzen auch ohne Zustimmung des jeweiligen Nachbarlandes abzuweisen, scharf kritisiert. Ein solches Vorgehen wäre nicht nur rechtswidrig, sondern auch „brandgefährlich“, sagte die Sozialdemokratin am Montag dem „Deutschlandfunk“. Mit Blick auf die entsprechende Passage im Sondierungspapier von Union und SPD betonte sie: „Wir haben etwas anderes vereinbart, und dabei bleiben wir auch.“
Die Union versuche, beim Thema Migration „mit dem Kopf durch die Wand zu gehen“, monierte Esken. Sie werde „ganz klar dagegenhalten, wenn es weiter debattiert wird“. Die Sozialdemokraten werden migrationspolitisch „weiter ihren Grundsätzen folgen“, versprach Esken. Diese beinhalteten „Humanität und Ordnung in der Fluchtmigration“. Gerade „in diesen Zeiten mit Putin auf der einen und Trump auf der anderen Seite“ sei es zwingend geboten, „daß die europäische Union geeint bleibt und geeint agiert“, unterstrich die SPD-Vorsitzende.
Union und SPD interpretieren unterschiedlich
Hintergrund des Streits ist folgende Stelle im am Samstag von Union und SPD vorgestellten Sondierungspapier: „Wir werden in Abstimmung mit unseren europäischen Nachbarn Zurückweisungen an den gemeinsamen Grenzen auch bei Asylgesuchen vornehmen.“ Anders als Esken, sieht CDU-Vizechef Jens Spahn darin die Grundlage für Rückweisungen an der Grenze – unabhängig von der Zustimmung der Nachbarländer. „Da steht nicht ’zustimmen‘, sondern in Abstimmung“, betonte Spahn gegenüber dem Online-Medium Table Briefings. Der ehemalige Gesundheitsminister versprach: „Wir machen uns nicht abhängig von der Zustimmung der anderen Länder.“
Auch der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei, interpretiert das Papier im Sinne Spahns. „Zwischen CDU/CSU und SPD ist vereinbart worden, daß es Zurückweisungen an den deutschen Grenzen auch bei einem Asylgesuch geben wird“, sagte er der Bild-Zeitung. Dabei werde ein Weg „im Konsens mit unseren europäischen Nachbarn“ gesucht. Die Asylpolitik sei nicht nur innen- sondern auch außenpolitisch ein wichtiges Thema. „Wir wollen in Europa keine unnötigen Konflikte heraufbeschwören und zu gemeinsamen Lösungen kommen. Klar ist dabei aber auch: Die Sicherheit unseres Landes steht für uns an erster Stelle. Sie zu garantieren ist oberste Pflicht des Staates.“
Bereits am Sonntag hatte ein Sprecher des österreichischen Innenministeriums betont, das Land werde keine von Deutschland zurückgeschickten Migranten bei sich aufnehmen. „Es ist erfreulich, aber auch absolut notwendig, daß sich auch Deutschland dazu bekennt, konsequent gegen illegale Migration vorzugehen.“, sagte der Sprecher gegenüber der Nachrichtenagentur dpa und kündigte gleichzeitig Maßnahmen an, falls deutsche Rückführungen für steigende Asylzahlen in Österreich sorgen werden. (st)