BERLIN/MÜNCHEN. Der ehemalige Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat die Schuldenpläne von Union und SPD scharf kritisiert. CDU und CSU begingen damit einen „Wortbruch“, sagte Seehofer der Bild am Sonntag. Die Aufweichung der Schuldenbremse sowie das geplante 500 Milliarden Euro teure Sondervermögen für Infrastruktur sei nicht im Einklang „mit dem von uns versprochenen glaubwürdigen Politikwechsel“, monierte der Christsoziale.
Die Union tue stattdessen „das Gegenteil dessen, was wir vor der Wahl gesagt haben“. Seehofer interpretiert die nun geplante Neuverschuldung als Sieg für SPD und Grüne. „Offenbar mußten SPD und Grüne die Wahl verlieren, um am Ende das zu bekommen, was sie schon immer haben wollten.“ CDU und CDU sollten bei ihren Kernthemen Migration, Sozialstaat und Bürokratieabbau „nachvollziehbare Neuanfänge durchsetzen“, sonst sei die geplante Neuverschuldung nicht nachvollziehbar.
Nicht nur Seehofer ist empört
Scharfe Kritik äußerte der 75jährige auch an seinem Amtsnachfolger, dem bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU). Dieser sei „jetzt seit sieben Jahren Parteivorsitzender. In dieser Zeit gab es zwei Landtags- und zwei Bundestagswahlen. Alle vier Wahlen gehören zu den schlechtesten in der Geschichte der CSU.“
Mit seiner Kritik ist der CSU-Politiker nicht alleine. Auch die ehemalige Grünen-Parteivorsitzende Ricarda Lang hatte die Schuldenpläne von Union und SPD unlängst kritisiert. CDU-Chef und Kanzlerkandidat Friedrich Merz habe „seine Wähler angelogen. Im Wahlkampf hat er die Schuldenbremse zum Heiligen Gral der Generationengerechtigkeit erklärt, noch dazu illusorische Steuergeschenke ins Schaufenster gestellt – wohl wissend, daß das alles nicht funktioniert. Kaum ist gewählt, macht er das genaue Gegenteil.“ Ein solches Verhalten beschädige das Vertrauen in die Demokratie, betonte Lang vergangene Woche gegenüber „t-online“.
Im Wahlkampf hatte Merz wiederholt betont, keine neuen Schulden aufnehmen zu wollen. Kurz nach der Wahl kündigte er hingegen gemeinsam mit dem Sondierungspartner SPD an, die Schuldenbremse im Grundgesetz reformieren zu wollen, um Verteidigungs- und Infrastrukturausgaben zu finanzieren. Der CDU-Chef begründet das mit der geopolitisch unsicheren Lage und der Gefahr, die USA könnte unter Präsident Trump ihre Militärpräsenz in Europa zurückfahren. Union und SPD sind im neuen Bundestag auf die Zustimmung der Grünen für das Sondervermögen angewiesen, Unterstützung von Linkspartei und AfD gilt als unwahrscheinlich. (st)