BERLIN. Der Chef des Berliner Büros des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Knut Bergmann, warnt vor zu viel Angst vor Alice Weidel und ihrer Partei. Zwar sei er nicht glücklich mit den Positionen der AfD, jedoch machte er im Gespräch mit der Rheinischen Post deutlich: „Wir haben nicht 1932, Alice Weidel ist nicht Adolf Hitler.“ Die Zeitung fragte den Ökonomen, ob eine Regierungsbeteiligung der AfD vergleichbar mit der Situation in der Weimarer Republik sei.
Ein Vergleich, der laut Bergmann hängt. „Es hilft nicht, die Nazikeule rauszuholen – das ist zwar intellektuell bequem, trägt aber zur Zementierung der Lage bei“, führte er aus. Vielmehr müsse man der AfD inhaltlich begegnen und „den Wählern die Folgen klarmachen“. Dabei ist er der Überzeugung, die Partei würde Deutschland kulturell und wirtschaftlich schaden.
Wobei der Berliner IW-Chef betonte, daß die AfD ausschließlich in ostdeutschen Bundesländern – wie in Thüringen – über Machtoptionen verfüge. „Nach aktuellen Umfragen könnten AfD und das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) zusammen eine hauchdünne Mehrheit haben“, berichtete Bergmann. „Tun die sich zusammen, könnte die AfD erstmals einen Ministerpräsidenten stellen. Das wäre für den Standort Thüringen ein Problem, im Bund weniger. Im Bundesrat wäre Thüringen isoliert, der Einfluß wäre gering.“
Bergmann: AfD-Parteiverbot ist unsinnig
Eine politische Zukunft für die AfD sieht er vor allem in der Kommunalpolitik in den ostdeutschen Bundesländern. Dort habe sie sich bereits etabliert. „Das bedeutet, daß AfD-Vertreter in Gremien von Sparkassen oder Stadtwerken einziehen. Unschön, aber der Einfluß ist noch überschaubar.“ Auf kommunaler Ebene hält er auch Koalitionen mit CDU oder SPD für möglich. Diese Kooperationen ließen sich auf Länder- oder Bundesebene jedoch nicht replizieren.
Von einem AfD-Parteiverbot hält er nichts. Bereits die rechtlichen Hürden seien zu hoch. „Selbst im Erfolgsfall wäre das Problem, daß es in Deutschland einen rechtsradikalen Rand der Wählerschaft von etwa zehn Prozent gibt, politisch nicht gelöst. Die Frage ist eher, ob einzelne Landesverbände verboten werden könnten.“ Trotzdem beharrte er auf seiner Lösung, die Partei inhaltlich stellen zu wollen. (sv)