KARLSRUHE. Das Bundesverfassungsgericht hat zwei Häftlingen aus Bayern und Nordrhein-Westfalen Recht gegeben, die gegen eine zu niedrige Bezahlung in ihren Gefängnissen geklagt hatten. Demnach sind Stundenlöhne von 2,30 Euro oder weniger verfassungswidrig.
In fast allen Bundesländern müssen Gefangene arbeiten. Damit sollen sie resozialisiert werden. Es gilt bisher kein Mindestlohn. 2020 erhielten sie nach Angaben der Vizepräsidentin des Bundesverfassungsgerichts, Doris König, zwischen 1,37 und 2,30 Euro pro Stunde. Dies sei zu wenig, sagte die auf Vorschlag der SPD vom Bundestag gewählte Richterin.
Verfassungsgericht gibt keine neue Lohnhöhe vor
Die Bundesländer müssen nach dem Urteil die entsprechenden Gesetze bis spätestens Ende Juni 2025 ändern. Die beiden Kläger, darunter ein zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe Verurteilter, hatten in ihren Gefängnissen einen höheren Lohn beantragt. Diese lehnten das genauso ab, wie später alle vorigen Gerichte.
Das Bundesverfassungsgericht gab keine Höhe des neuen Lohns vor. Richterin König sagte, Ausgestaltung und Höhe der Vergütung müßten so gestaltet sein, dass die im Resozialisierungskonzept festgeschriebenen Zwecke auch tatsächlich erreicht werden könnten.
Mit ihrem Arbeitslohn sollten die Verbrecher „dazu angehalten werden“, den durch ihre Straftat verursachten Schaden auszugleichen. Außerdem sollten sie für Unterhaltsberechtigte sorgen und ihre Schulden tilgen können. Gefangenen müsse von dem verdienten Geld etwas übrigbleiben, so daß sie einen „greifbaren Vorteil“ von der Arbeit haben.
Staat zahlt Lebensunterhalt der Häftlinge
Arbeit im Strafvollzug diene nur dann wirksam der Resozialisierung, wenn sie angemessene Anerkennung finde, erklärte das Gericht. Neben Geld könnten auch eine Verkürzung der Haftzeit oder andere Erleichterungen eine solche Anerkennung sein.
Für ihren Lebensunterhalt wie Essen und Trinken müssen Häftlinge nicht selbst aufkommen. Das übernehmen die Steuerzahler. Lediglich für Extrawünsche wie Leihgebühren für Fernseher, Telefonkosten, Kaffee oder Zigaretten müssen sie selbst bezahlen. Außerdem sparen sie für das sogenannte Überbrückungsgeld, das sie bei der Haftentlassung erhalten. (fh)